1 Leitsatz
Eine vom Verwalter namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgesprochene Kündigung des mit einem Wohnungseigentümer geschlossenen (Hausmeister-)Arbeitsvertrags ist grundsätzlich von der Vertretungsmacht nach § 9b Abs. 1 WEG umfasst. Der im Innenverhältnis fehlende Beschluss der Wohnungseigentümer führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 180 BGB.
2 Normenkette
§ 9b Abs. 1 WEG
3 Das Problem
Die Verwaltung kündigt namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den (Hausmeister-)Arbeitsvertrag mit Wohnungseigentümer K. Die Wohnungseigentümer haben die Kündigung nicht beschlossen. Fraglich ist, ob K diesen Umstand in seinem Kündigungsrechtsstreit gegenüber der Kündigungserklärung einführen kann.
4 Die Entscheidung
Das LAG verneint die Frage! Die Kündigungserklärung sei von der gesetzlichen Vertretungsmacht der Verwalterin nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG gedeckt. Auch wenn man davon ausgehe, dass die von der Verwalterin im Namen der Beklagten ausgesprochene Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses im Innenverhältnis zur Beklagten nicht von der Geschäftsführungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG umfasst sei und also der erforderliche Beschluss fehle, ändere dies nichts daran, dass die Verwaltung zur Vertretung der B bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des K nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG berechtigt gewesen sei. Im Fall komme es auch nicht darauf an, ob die Vertretungsmacht nach den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht ausgeschlossen sein könne, wenn es hierfür an der internen Befugnis des Verwalters mangels eines entsprechenden Beschlusses der Eigentümer fehle. Denn es gehe nur um die Frage, ob sich K als Erklärungsempfänger auf einen etwaigen Pflichtverstoß des Verwalters (im Innenverhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) berufen könne, um den Wirkungen der vom Verwalter im Namen der Gemeinschaft abgegebenen Erklärung zu entgehen. Auch bei dieser Fallgruppe eines einseitigen Rechtsgeschäfts werde zwar die Auffassung vertreten, dass ein Wohnungseigentümer, der – wie hier K – von der Gemeinschaft als Hausmeister beschäftigt worden sei, der Kündigung durch den Verwalter den Einwand entgegenhalten könne, dass dieser die Kündigung ohne einen erforderlichen Beschluss erklärt habe (Hinweis auf Staudinger/Jacoby, 2023, WEG § 9b Rn. 65). Dieser Auffassung könne sich das Berufungsgericht aber nicht anschließen. Die in diesem Zusammenhang herangezogene Entscheidung BAG, Urteil v. 11.3.1998, 2 AZR 287/97, sei nicht einschlägig.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall fragt sich, ob es für die Wirksamkeit der Kündigung eines Vertrags einer Entscheidung der Wohnungseigentümer bedarf.
§ 9b Abs. 1 Satz 1 WEG
§ 9b Abs. 1 Satz 1 WEG soll zum einen den Rechtsverkehr mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erleichtern. Wer mit einem Verwalter einen Vertrag schließt, soll nicht befürchten müssen, dass dessen Vertretungsmacht für den Abschluss des Vertrags nicht ausreicht. Das dient zugleich dem Interesse der Wohnungseigentümer, über die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer effizient am Rechtsverkehr teilnehmen zu können (BT-Drucksache 19/18791, S. 48). Zum anderen wollte der Gesetzgeber mit der in § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG geregelten umfassenden Vertretungsmacht des Verwalters die Probleme bei einseitigen Rechtsgeschäften der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beseitigen, die daraus resultierten, dass ein vom Verwalter als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorgenommenes einseitiges Rechtsgeschäft nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen werden konnte (vgl. BT-Drucksache 19/18791, S. 49). Fraglich ist, ob der Rechtsverkehr zu schützen ist, wenn es um das Verhältnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu den Wohnungseigentümern geht. Hier gilt: Soweit es um die Frage geht, ob der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertreten kann, kann es unter den Wohnungseigentümern anders sein! Erhebt der Verwalter beispielsweise im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Klage gegen einzelne Wohnungseigentümer, sind Beschränkungen seiner Vertretungsmacht im Innenverhältnis, die die Befugnis zur Klageerhebung betreffen, im Grundsatz zwar nicht zu überprüfen (BGH, Urteil v. 8.3.2024, V ZR 119/23, Rn. 6). Ob evident bestehende Beschränkungen im Innenverhältnis der Vertretungsmacht im Prozess entgegenstehen können oder sogar ein Missbrauch der Vertretungsmacht anzunehmen sein kann, hat der BGH aber ausdrücklich noch offengelassen. Klarheit, dass keine Prüfung veranlasst ist, besteht im Kern hier wohl nur für 3 Fälle: Hausgeldklagen, Klagen auf Unterlassung/Beseitigung einer Störung und die Fälle, in denen die Wohnungseigentümer die Klageerhebung beschlossen haben.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Eine Verwaltung verletzt ihre Pflichten, wenn sie einen Arbeitsvertrag mit einem Wohnungseigentümer kündigt, soweit die Kündigung nicht von einer Vereinbarung oder § 27 WEG gedeckt ist. Dass die Verwaltung eine Vertretungsmacht hat, die Kündigung auszusprechen, ändert nichts. Jede Verwaltung sollte si...