Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Gemeinschaft gewinnt Prozess gegen Bank auf Rückzahlung weisungswidrig vorgenommener Kontenverfügungen (hier: Verpfändung von Sparkontenguthaben der Gemeinschaft durch den Hausverwalter)
Verwalter als "Ermächtigungstreuhänder" und Verfügungsberechtigter über das Konto "der Eigentümer"
Verfügungsbeschränkung (durch vereinbarte Beiratszustimmung)
Normenkette
§ 27 Abs. 4 Satz 2 WEG, § 675 BGB
Kommentar
1. Ermächtigt die Wohnungseigentümergemeinschaft den Hausverwalter zu Kontenverfügungen auf einem auf seinen Namen eingerichteten Konto nur mit Zustimmung des Beirats und ist dies im Kontoeröffnungsantrag der Bank verzeichnet, so hat die Wohnungseigentümergemeinschaft einen vertraglichen Anspruch gegen die Bank von weisungswidrig vorgenommenen Kontenverfügungen (hier: Verpfändung von Sparguthaben durch den Hausverwalter).
2. Im vorliegenden Fall wurden die Eigentümer Rechtsinhaber des Sparkontos, nicht also die damalige Verwaltung der klagenden Gemeinschaft. Im Konteneröffnungsantrag war zwar die Verwaltungsfirma als Berechtigter bezeichnet. Gleichzeitig war jedoch auch die Wohnungseigentümergemeinschaft - jedenfalls andeutungsweise mit der Anschrift der Wohnanlage - ausgeführt; weiter war im Antrag vermerkt, dass die Vertreter der Verwaltung nur gemeinsam mit einem Beirat verfügungsberechtigt seien. Hieraus ist nach Auffassung des Senats der Schluss zu ziehen, dass Rechtsinhaber der Ansprüche aus dem Sparkonto die Wohnungseigentümer sein sollten und die Verwaltung lediglich ermächtigt sein sollte, in eigenem Namen zusammen mit einem Beiratsmitglied über das Sparguthaben zu verfügen (sog. Ermächtigungstreuhand). Hier sollten im Zweifel die Eigentümer Vollrechtsinhaber und der Verwalter lediglich zur Verfügung über das Konto ermächtigt sein (Wille der Vertragsschließenden aus objektiver Sicht); wäre nämlich die Verwaltung Vollrechtsinhaber des Sparkontos, hätte die vereinbarte Verfügungsbeschränkung (Zustimmung eines Beirats) keine rechtliche Bedeutung für die beklagte Bank; die Verwaltung wäre lediglich im Verhältnis zu den Eigentümern verpflichtet, über das Sparguthaben nicht ohne Mitwirkung eines Beirats zu verfügen. Die Aufnahme der Verfügungsbeschränkung in den Konteneröffnungsantrag ist somit nur dann sinnvoll, wenn im Verhältnis zur beklagten Bank die Verfügungsmacht der Verwaltungsfirma eingeschränkt wird. Dies kann nur in der Form geschehen, dass eine Vollrechtsinhaberschaft der Eigentümer und eine Ermächtigung der Verwaltungsfirma gem. § 185 Abs. 1 BGB vereinbart werden.
3. Somit schied im vorliegenden Fall auch eine Aufrechnung mangels Gegenseitigkeit aus, ebenso eine Verpfändung von Sparguthaben der Gemeinschaft durch den Verwalter.
Link zur Entscheidung
( OLG München, Urteil vom 25.07.2000, 18 U 6003/99= NZM 20/2000, 1023)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Die Entscheidung beweist erneut die rechtliche Bedeutung der Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis, die bekanntlich schon einmal einem Beiratsvorsitzenden mit einer beschlussweisen Verpflichtung nach § 27 Abs.4 Nr.2 WEG im Innenverhältnis zur Gemeinschaft zum Verhängnis wurde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 24.09.1997, NZM 1/1998,36).
Um hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft von "WEG-Konten" Auslegungsstreitigkeiten wie im vorliegenden Fall zu vermeiden, empfiehlt sich im Konteneröffnungsantrag dringend die eindeutige und klare Festlegung, ob ein solches Konto nunmehr als sog. offenes Fremdkonto auf den Namen aller Eigentümer lautet (mit Verfügungsermächtigung bzw. -berechtigung durch den Verwalter, ggf. eingeschränkt nach § 27 Abs.4 Satz 2 WEG, deutlich dokumentiert auch im Außenverhältnis zum kontenführenden Institut) oder ob das Konto als offenes Treuhandkonto auf den Namen des Verwalters als Kontoinhaber eröffnet wird. Es ist bekannt, dass ich nicht zuletzt aus Gründen des § 27 Abs.4 Satz 1 WEG allein das sog. offene Fremdkonto für alle Wohnungseigentümergemeinschafts-Konten aus berechtigen Interessen der Eigentümer für vertretbar erachte. Offene Treuhandkonten auf den Namen des Verwalters sind für die Gemeinschaften nicht pfand- und insolvenzsicher. Bei dieser Feststellung bleibe ich auch, selbst wenn vielfach Bankinstitute die Eröffnung sog. offener Fremdkonten für die Gemeinschaften nach wie vor unter Hinweis auf bankrechtliche Vorgaben und Richtlinien, die Abgabenordnung, das Geldwäschegesetz, das Kreditwesengesetz usw. verneinen wollen (wie mir jüngst mitgeteilt wurde offensichtlich weitverbreitet z.B. im Hamburger Raum).