Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Beeinträchtigendes Nachbar-Bauvorhaben; vorliegend keine Verpflichtung des Verwalters, wegen fehlender Zustimmung eines Eigentümers, die Unterlassung begonnener Bauarbeiten zu fordern
Der Verwalter als "Stellvertreter" der einzelnen Eigentümer
Normenkette
§ 27 WEG
Kommentar
1. Mit dem Nachbarbauherrn hatte der Verwalter einen notariellen Vertrag "zur Regelung nachbarschaftlicher Verhältnisse" geschlossen, wobei er zum Teil aufgrund Vollmachten, zum Teil als vollmachtloser Vertreter für die einzelnen Eigentümer auftrat. Im Vertrag war auch geregelt, dass die Zustimmung der gesamten Eigentümergemeinschaft wegen der Auswirkungen des Vertrages auf das Gemeinschaftseigentum erforderlich sei und sich die Beteiligten daher gemeinsam bemühen müssten, diese Zustimmung einzuholen.
Ein Eigentümer erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung auf Einstellung der Bauarbeiten des Nachbarn, wurde allerdings als Zweitschuldner mit den Gerichtskosten des Verfahrens belastet, da die Gegenseite (der Nachbar) vermögenslos wurde. Den verauslagten Kostenbetrag von über 5.000 DM wollte dann der Eigentümer vom Verwalter schadenersatzrechtlich einfordern, allerdings in allen 3 Instanzen ohne Erfolg.
2. Ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters wurde verneint, da er nicht verpflichtet gewesen sei, einen Unterlassungsanspruch der Wohnungseigentümer gegen den Nachbarbauherrn geltend zu machen, der für ihn angesichts der Zustimmung der Mehrheit der Eigentümer zu diesen Maßnahmen ohnehin zweifelhaft erscheinen musste. Auch in dem abgeschlossenen notariellen Vertrag sei ausdrücklich auf das Erfordernis der Zustimmung "der Eigentümergemeinschaft" hingewiesen worden. Der Verwalter habe auch hier den Vertrag nicht in seiner Eigenschaft als Verwalter, sondern als "Stellvertreter"der einzelnen Vertragspartner (Wohnungseigentümer) geschlossen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches hätte ebenfalls einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer zur Voraussetzung gehabt. Ein Verwalter hätte hier allenfalls eine entsprechende Entscheidung der Eigentümer darüber herbeiführen müssen, ob sie beabsichtigten, gegen eine Baumaßnahme vorzugehen oder sie zu dulden. Dass der Verwalter nach Beginn der Bauarbeiten nicht sofort eine Versammlung der Eigentümer einberufen habe, um eine solche Entscheidung herbeizuführen, vermag aber ebenfalls keinen Schadenersatzanspruch gegen ihn zu begründen; es ist nämlich davon auszugehen, dass ihm auch in einer solchen Versammlung kein Auftrag erteilt worden wäre, gerichtlich gegen den Nachbarn vorzugehen. In einer Versammlung zuvor hätten die Eigentümer nämlich noch mehrheitlich der geplanten und teilweise bereits ausgeführten Baumaßnahme auf dem Nachbargrundstück und weiteren Maßnahmen im Bereich des Gemeinschaftseigentums der eigenen Anlage zugestimmt; daraus sei zu entnehmen, dass die Mehrheit der Eigentümer auch bei Baubeginn nicht gewillt gewesen wäre, gegen den Nachbarbauherrn - notfalls gerichtlich - vorzugehen und die sofortige Einstellung der Bauarbeiten zu fordern. Auch im Rahmen des Abschlusses des erwähnten notariellen Vertrages habe die Verwaltung insoweit nicht als Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern lediglich in "Stellvertretung" für die einzelnen Eigentümer gehandelt. Hingewiesen sei im Vertrag auch auf das Zustimmungsbedürfnis aller Eigentümer der Gemeinschaft; der Beginn der Bauarbeiten sei auch nicht erst durch den Abschluss des Vertrages ausgelöst worden angesichts der vorherigen Zustimmung aller Eigentümer mit Ausnahme des Antragstellers.
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im 3. Rechtszug bei Wert des Beschwerdegegenstandes von 5.240,22 DM.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.05.1999, 3 Wx 102/99)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung