Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 24 Abs. 6 WEG, § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG, § 43 Abs. 1, 4 WEG, § 185 ZPO, § 38 Abs. 2 FGG
Kommentar
In einem Wohnungseigentumsverfahren gemäß § 43 WEG (hier: Protokollberichtigungs- bzw. Verpflichtungsverfahren auf ordnungsgemäße Erstellung und Versendung) sind alle übrigen Eigentümer formell am Verfahren zu beteiligen. Etwaige Versäumnisse des Amtsgerichts kann das Landgericht heilen (wenn - wie hier - das Landgericht allen Wohnungseigentümern von dem Verfahren Mitteilung gemacht und ihnen Gelegenheit zur Akteneinsicht gegeben hat).
In solchen Verfahren kann ein Verwalter nur dann nicht Zustellungsvertreter der übrigen Wohnungseigentümer sein, wenn entweder ein dem § 185 ZPOvergleichbarer Fall (wenn er also seinen eigenen Antrag oder seine eigene Rechtsmittelschrift vom Gericht für die übrigen Eigentümer entgegennehmen müsste) oder sonst ein in der Sache begründeter Interessenkonflikt vorliegt, der befürchten läßt, er (der Verwalter) werde die übrigen Wohnungseigentümer nicht sachgerecht informieren. Insoweit wird also die die Zustellungsvertretung einschränkende Rechtsprechung des Senats (BayObLG Z 1973, 145) aufgehoben (auch in Abweichung zu OLG Hamm, DWE 89, 69).
§ 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG steht dem nicht entgegen, mag auch der Gesetzeswortlaut nur von Zustellungsvertretung sprechen, wenn Willenserklärungen oder Zustellungen von einem Dritten stammen und ausnahmslos an alle Eigentümer gerichtet sind. Der Senat beruft sich hier jedoch auf die Rechtsprechung seit vielen Jahren, welche die Vorschrift dahingehend auslegt, dass sie allgemein auch für Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 WEG gilt (also Streitigkeiten unter Eigentümern als Antragsteller und Antragsgegner) (a. A. OLG Hamm, Rechtspfleger 85, 257). Begründet wird vom Senat die über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Auslegung damit, dass andernfalls in Großgemeinschaften ein nicht zumutbarer Aufwand der Wohnungseigentumsgerichte entstehen würde mit erheblichen Kosten zulasten der Eigentümer, verbunden auch mit der Gefahr von Verfahrensfehlern (fehlgegangene oder ganz misslungene Zustellungen bei erfahrungsgemäß häufigem Wechsel der Eigentümer in Großgemeinschaften). Gerade dies ist auch der Grund, den Ausschluss der Zustellungsvertretung weitergehend als bisher einzuschränken auf die Fälle des § 185 ZPO und begründeter Interessenskonflikte.
Der Verwalter als Zustellungsvertreter hat auch hier nur die Eigentümer in angemessener Weise vom Inhalt der Zustellungen zu informieren. Jedem Eigentümer steht es dann frei, dem Gericht mitzuteilen, dass er unmittelbar Schriftsätze, Ladungen und Entscheidungen zugesandt haben möchte.
Eine Vorlage zum BGH aufgrund der Abweichung zu OLG Hamm (DWE 89, 69) scheidet insoweit aus (Unzulässigkeit der Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG), da die sachliche Entscheidung des Senats über die Rechtsbeschwerde nicht davon abhängt, ob im Rechtsbeschwerdeverfahren der Verwalter als Zustellungsvertreter der übrigen Eigentümer betrachtet werden kann oder ob allen Eigentümern (hier: über 140) die Schriftsätze und die Senatsentscheidung zuzustellen sind. Hier handelt es sich lediglich um eine Vorfrage oder eine Zwischenentscheidung, für die eine Vorlage an den BGH nicht zulässig ist.
Sieht eine Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung vor, dass das Protokoll einer Versammlung von der nächsten Versammlung zu bestätigen ist, so fehlt v o r einer solchen Beschlussbestätigung für einen Antrag auf gerichtliche Feststellung, welche von 2 Protokollfassungen maßgeblich ist, das Rechtsschutzbedürfnis. Ein Protokoll über eine Versammlung dient im Übrigen überwiegend nur der Information über Inhalt und Zustandekommen von Beschlüssen. Als bloße Privaturkunde begründet es nicht den Beweis für seinen Inhalt und den bezeugten Vorgang, sondern nur den Beweis dafür, dass sein Inhalt von den Unterzeichnern herrührt. Soweit bei der Frage der Ordnungsmäßigkeit eines Protokolls auch seine inhaltliche Richtigkeit zu prüfen ist, fehlt im vorliegenden Fall das Rechtsschutzbedürfnis deshalb, weil hier wirksam vereinbart ist, dass eine gerichtliche Entscheidung erst dann beantragt werden kann, wenn die Eigentümerversammlung über die entsprechende Protokollfassung Beschluss gefasst hat. Eine solche Vereinbarung ist zulässig, da nach h.R.M. § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG als abdingbar angesehen wird (vorrangige Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG gegenüber der gesetzlichen Regelung).
Durch einen Verwaltervertrag kann allerdings eine Gemeinschaftsordnungsvereinbarung nicht abgeändert werden, ganz abgesehen davon, dass der Verwaltervertrag nur das Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern und dem Verwalter regelt, nicht aber Rechte und Pflichten der Eigentümer untereinander wie eine Gemeinschaftsordnung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 09.08.1989, BReg 2 Z 60/89= BayObLGZ 1989 Nr. ...