Leitsatz

Die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG ist sachlich beschränkt. Sie setzt voraus, dass es sich um eine "laufende" Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung handelt und die Instandhaltung "erforderlich" sowie außerdem "ordnungsmäßig" ist.

 

Normenkette

WEG § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3

 

Das Problem

  1. B kauft 2012 von X ein Wohnungseigentum in einer Wohnungseigentumsanlage mit 2 Wohnungseigentumsrechten und wird im Wohnungsgrundbuch eingetragen. Im Januar 2013 beschließen B und K, der andere Wohnungseigentümer und Verwalter, zur Kelleraußenwand wie folgt:

    Es wird beschlossen die Sanierung durchzuführen. Es wird beschlossen Kostenvoranschläge für die Arbeiten einzuholen. Anschließend kann K die Kostenvoranschläge bei X einreichen. Es wird beschlossen, die Arbeiten an den günstigsten Anbieter zu vergeben. Der Auftragnehmer darf auch die K-GmbH sein.

    K übermittelt B anschließend Kostenvoranschläge für die Arbeiten. B teilt K mit, eine Zustimmung des X stünde noch aus. In Anbetracht der in Rede stehenden Summen würde er – B – einen Umlaufbeschluss nur unterzeichnen, wenn die Kostendeckung mit X geklärt sei. Jetzt teilt K dem B mit, er – K – habe übersehen, dass bereits beschlossen sei, die Arbeiten zu vergeben. Anschließend unterbreitet K den Wohnungseigentümern ein Angebot der K-GmbH zur Mauerwerksabdichtung in Höhe von 115.000 EUR. Dieses Angebot nimmt K als Verwalter, der von § 181 BGB befreit ist, an und beauftragt die K-GmbH, deren Geschäftsführer er ist, mit den Arbeiten. Später wird X zur Rückabwicklung verurteilt. Seit Februar 2016 ist X wieder als Wohnungseigentümer eingetragen.

  2. Im Jahr 2018 verlangt die K-GmbH von B nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG anteilig Werklohn. Die Klage hat beim Landgericht keinen Erfolg! Dagegen richtet sich die Berufung. Die K-GmbH sei von K – mangels Vollmacht – nicht wirksam beauftragt worden. Dagegen richtet sich die Berufung der K-GmbH. B habe im Jahr 2013 ein vitales Interesse am Erhalt der Bausubstanz gehabt. K sei auch vertretungsberechtigt gewesen. Die Arbeiten seien erforderlich gewesen, denn ein Mieter habe bereits eine Wohnung, die an die feuchte Kellerwand grenzte, wegen Schimmelbefall gekündigt und es sei Wasser in den Keller gelaufen. K sei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Im Übrigen bestünden gesetzliche Aufwendungsersatz- und Bereicherungsansprüche gemäß § 683 BGB bzw. § 684, § 812 BGB.
  3. Die Berufung hat keinen Erfolg!
 

Die Entscheidung

Vertragliche Ansprüche

Der K-GmbH stünden keine vertraglichen Ansprüche auf Zahlung des anteiligen Werklohns gemäß §§ 631ff., § 641 BGB in Verbindung mit § 10 Abs. 8 WEG zu. Die Besonderheit dieses Falles bestehe darin, dass der Geschäftsführer der K-GmbH in dreifacher Eigenschaft tätig geworden sei: als Wohnungseigentümer zu 5/7, als Verwalter und als Geschäftsführer.

  1. Unstreitig scheitere der Vertragsschluss allerdings nicht bereits an den formalen Beschränkungen des In-Sich-Geschäfts (§ 181 BGB). Zum einen sei K von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen und zum anderen sei mit Zustimmung des B ausdrücklich beschlossen worden, dass die K-GmbH ein Angebot abgeben durfte.
  2. Es liege aber keine wirksame Beauftragung der K-GmbH durch K vor. Die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG erstrecke sich nämlich nicht auf alle unter § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG fallenden Maßnahmen. Vielmehr sei die gesetzliche Vertretungsmacht sachlich beschränkt. Sie setze voraus, dass 3 unbestimmte Rechtsbegriffe erfüllt seien. Der Verwalter habe nur dann Vertretungsmacht, wenn es sich

    • um eine "laufende" Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung handele,
    • wenn die Instandhaltung und Instandsetzung "erforderlich" und
    • wenn diese "ordnungsmäßig" sei.

    Diese unbestimmten Rechtsbegriffe führten zu Unsicherheiten bei der Feststellung der Vertretungsmacht, sodass der Verwalter im Zweifel immer einen entsprechenden Beschluss herbeiführen sollte.

  3. Unstreitig habe es sich bei der Kellerwandsanierung nicht um eine "laufende", d.h. regelmäßig wiederkehrende Maßnahme (wie z.B. Reinigungsarbeiten und/oder Ersatz von Verschleißteilen) gehandelt. Und "erforderlich" sei eine Maßnahme nur dann, wenn sie objektiv geboten und geeignet sei. Im Hinblick auf die Selbstverwaltungsautonomie der Wohnungseigentümer sei unter dem Begriff "geboten" schließlich auch die wirtschaftliche Bedeutung einer Maßnahme zu berücksichtigen. Im Fall habe es sich um eine Maßnahme mit einem Kostenvolumen von über 100.000 EUR gehandelt, sodass ein eigenständiges Handeln des Verwalters ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer unzulässig gewesen sei. Schließlich müssten die Maßnahmen auch einer "ordnungsgemäßen Verwaltung" entsprechen, d.h. der Verwalter habe auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Ehe die Maßnahme beauftragt werde, müsse der Verwalter deshalb Angebote einholen und Preisvergleiche anstellen, weil eine Überteuerung der Instandsetzungsmaßnahme der ordnungsgemäßen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?