Leitsatz
1. Die Vorschriften des WEG über das Verfahren, das Gemeinschaftsverhältnis und die Verwaltung sind auch auf eine "faktische" oder "werdende Wohnungseigentümergemeinschaft" entsprechend anzuwenden.
2. Die Eigentümerversammlung entscheidet grundsätzlich zunächst über die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund. In der Regel kann jeder Wohnungseigentümer das Gericht anrufen, wenn die Abberufung Gegenstand einer Versammlung gewesen ist, ohne daß es zu einer Abstimmung über den Abberufungsantrag gekommen ist.
3. Vereinbart die Verwalterin als GmbH die gemeinsame Verwaltung der Wohnanlage mit einer anderen GmbH und überträgt sie dieser einen wesentlichen Teil der Verwalteraufgaben und überläßt ihr dabei mehr als zwei Drittel der Verwaltervergütung, so stellt dies einen wichtigen Grund für die Abberufung dar.
Sachverhalt
Eine GmbH errichtete die Wohnanlage und teilte anschließend das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum. Aufgrund einer Ermächtigung in der Teilungserklärung bestellte sie sich zur Verwalterin. Zwar ist noch keiner der Erwerber als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen, gleichwohl ist der Besitz an den einzelnen Eigentumswohnungen bereits auf diese übergegangen. Zwischenzeitlich sind auch die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher angelegt.
Einige Monate nach ihrer Bestellung schloß die Verwalterin mit einer weiteren GmbH eine Verwaltungsvereinbarung, nach der die andere Gesellschaft bestimmte Verwalteraufgaben übernehmen sollte.
Thema einer Eigentümerversammlung war laut Sitzungsprotokoll die Abberufung der Verwalterin wegen der Aufgabenübertragung auf die andere GmbH. Ein Wohnungseigentümer ist nun der Auffassung, die Verwalterin sei aufgrund entsprechenden Beschlusses auf der Eigentümerversammlung tatsächlich von ihrem Amt abberufen worden, das Sitzungsprotokoll sei in dieser Hinsicht unvollständig.
Entscheidung
Das Gericht hatte zunächst zu klären, ob die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes hier überhaupt anwendbar waren, da die Eigentümergemeinschaft mangels fehlender Eintragungen der einzelnen Wohnungseigentümer noch nicht endgültig bestand, sondern sich noch im "werdenden" oder auch "faktischen" Stadium befand. Da jedenfalls die Wohnungsgrundbücher bereits angelegt waren, konnte diese Frage in übereinstimmung mit der überwiegenden Rechtsprechung bejaht werden.
Sodann war darüber zu entscheiden, ob das Gericht wegen der Verwalterabberufung auch ohne vorherige Beschlußfassung hierüber angerufen werden durfte. Auch dies mußte bejaht werden. Zwar haben in erster Linie die Wohnungseigentümer in einer Versammlung über die Abberufung des Verwalters zu entscheiden. Das bedeutet jedoch nicht, daß hierüber auch eine entsprechende Abstimmung herbeigeführt werden muß, bevor der Rechtsweg beschritten werden kann. Ausreichend ist vielmehr, daß sich die Versammlung mit dem Gegenstand der Abberufung des Verwalters befaßt hat. Letztlich hat es ja auch nicht der einzelne Wohnungseigentümer zu vertreten, daß es nicht zur Abstimmung gekommen ist, sondern der jeweilige Versammlungsleiter.
Die Verwalterin war auch von ihrem Amt abzuberufen. Der im Verwaltervertrag geforderte wichtige Grund für die Vertragskündigung und Abberufung war gegeben. Die Tätigkeit des Verwalters ist grundsätzlich an dessen Person gebunden. Zur Erfüllung seiner Aufgaben darf er sich zwar Hilfspersonen bedienen, seine Aufgaben und Befugnisses aber nicht ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer ganz oder auch nur teilweise auf einen Dritten übertragen. Daß es sich bei der verwaltenden GmbH um eine juristische Person handelte war in diesem Zusammenhang unerheblich, da deren Pflichten letztlich von deren Organen wahrgenommen werden. Hierdurch ändert sich natürlich nichts daran, daß eine bestimmte Person zum Verwalter bestellt ist und sich die Wohnungseigentümer keine andere Person als Verwalter oder Mitverwalter aufdrängen lassen müssen.
Da die ursprüngliche Verwalterin hier wesentliche Aufgaben auf die nunmehr mitverwaltende weitere GmbH übertrug, verstieß sie gegen diese elementaren Grundsätze des Wohnungseigentumsgesetzes und war daher von ihrem Amt abzuberufen.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 19.06.1997, 2Z BR 35/97
Fazit:
Die Abberufung der Verwalterin konnte hier auch nicht daran scheitern, daß diese nach Genehmigung der Abrechnung entlastet worden war. Zwar kann die Abberufung nicht auf Gründe gestützt werden, auf die sich eine dem Verwalter erteilte Entlastung erstreckt. Hier haben die Wohnungseigentümer die Entlastung im Zusammenhang mit der Genehmigung der Abrechnung erteilt, sie bezog sich also auch nur auf diese. Abberufungsgrund war jedoch die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Wohnungseigentümern und der Verwalterin, hatte also mit der erteilten Entlastung nichts zu tun.