Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Zulässiger Antrag auf Feststellung des richtigen Abstimmungsergebnisses
- Stimmrecht des Verwalters (und Mehrheitseigentümers) bei der Beschlussfassung über seine Abberufung und (ordentliche) Vertragskündigung?
- KG will in Abweichung zum BayObLG und OLG Düsseldorf Stimmberechtigung bejahen
- Vorlage zum BGH
Normenkette
(§§ 25 Abs. 5, 26 Abs. 1 WEG)
Kommentar
1. Vorliegend ging es um die Beschlussfassung über die Abwahl des Verwalters (nicht aus wichtigem Grund!) und gleichzeitige fristgemäße Kündigung des Vertrags; das beidseitige ordentliche Kündigungsrecht wurde seinerzeit bei Bestellung des Verwalters mitbeschlossen. Vereinbart war das Objektstimmrecht. Unter Berücksichtigung der noch zahlreichen Stimmen des Eigentümers/Verwalters und der ihm erteilten Vollmachten wurde der Antrag als mehrheitlich abgelehnt verkündet.
Es wurde daraufhin von Eigentümern der Feststellungsantrag gestellt, dass die Verwaltung (positiv) mehrheitlich abberufen worden sei. Ohne Berücksichtigung der Stimmen des Mehrheitseigentümers/Verwalters wäre ein positiver Beschluss auf Abberufung zustande gekommen.
2. Im gerichtlichen Verfahren kann auf Feststellung des richtigen Abstimmungsergebnisses geklagt werden. Entgegen der Meinung der Vorinstanz ist nach Auffassung des Senats bei der Beschlussfassung über die Abberufung und ordentliche Kündigung des Verwaltervertrags nicht von einem Stimmrechtsausschluss gem. § 25 Abs. 5 WEG seitens des Mehrheitseigentümers/Verwalters auszugehen. Das LG folgerte den Stimmrechtsausschluss aus der Interessenkollision zwischen dem Amt des Verwalters und der gleichzeitigen Zugehörigkeit des Verwalters zur Wohnungseigentümergemeinschaft, was die Anwendung des § 25 Abs. 5 WEG rechtfertige; dabei erfasse die Abstimmung über die ordentliche Abberufung des Verwalters zugleich auch die ordentliche Kündigung des Verwaltervertrags. Dabei stütze sich das LG auf die Entscheidungen des BayObLG (NJW-RR 1987, 78) und des OLG Düsseldorf (NZM 1999, 285 = ZMR 1999, 60).
Nach Auffassung des Senats gilt allerdings dann das Stimmrechtsverbot des § 25 Abs. 5 WEG nicht, wenn der Wohnungseigentümer und Verwalter mitgliedschaftliche Interessen wahrnimmt (KG, NJW-RR 1994, 855; BayObLG, WE 1991, 220). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es h.R.M. entspricht, dass ein Wohnungseigentümer bei seiner gleichzeitigen Bestellung als Verwalter ein Stimmrecht besitzt. Erst wenn es um die Einzelheiten des auszuhandelnden Vertrags geht, sind seine Interessen so stark betroffen, dass § 25 Abs. 5 WEG anzuwenden ist. Was für die Wahl zum Verwalter gilt, muss auch entsprechend angenommen werden, wenn es um die schlichte Abwahl oder die Nichtverlängerung der Verwalterbestellung geht. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob in der Abstimmung der Eigentümer die Bestellung des Verwalters als organschaftlicher Akt oder die grundsätzliche Bereitschaft zum Abschluss eines Verwaltervertrags in den Vordergrund gerückt wird. Bei einer unverstellten Betrachtung handelt es sich bestenfalls um zwei Seiten ein und derselben Sache, nämlich die Berufung des Verwalters in sein Amt. Die mit der Abwahlentscheidung notwendig verbundene Kündigung des Verwaltervertrags hat jedenfalls kein Übergewicht zu dem Bestellungsakt als Verwalter, der sich als eine mitgliedschaftsrechtliche Angelegenheit darstellt. Nach Auffassung des Senats stellt der Kündigungscharakter der Abwahlentscheidung kein Hindernis für die Beteiligung des Wohnungseigentümers an der Abstimmung dar. Im Sinne eines Stimmrechts des Wohnungseigentümers, der zugleich Verwalter ist, bei der Entscheidung über seine ordentliche Abwahl, hat sich auch das Schrifttum weitgehend geäußert (vgl. Seuß, Anmerkung zu BayObLG, WE 1987, 45 = NJW-RR 1987, 78; Weitnauer/Lüke, WEG, 8. Aufl., § 25 Rn. 21; Merle in Bärmann/Pick/Merle, 8. Aufl., § 26 Rn. 150; Staudinger/Bub, § 26 Rn. 424a).
Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass bei einer Abberufung des Verwalters und Kündigung aus wichtigem Grund allerdings ein Stimmverbot des Eigentümer-Verwalters nach § 25 Abs. 5 WEG anzunehmen ist, weil niemand "Richter in eigener Sache" sein darf.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 29.05.2002, 24 W 66/02( KG, Vorlage-Beschluss v. 29.5.2002, 24 W 66/02)
In dieser bisher in Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittenen Frage wird sich nunmehr klarstellend der BGH auch darüber zu äußern haben, wie restriktiv (ausschließlich nach dem Wortlaut) oder extensiv (über den gesetzlichen Wortlaut hinaus) § 25 Abs. 5 WEG zu Stimmrechtsausschlüssen (Stimmverboten oder dem Ruhen eines Stimmrechts) auszulegen ist und ob bei Beschlussfassung auch über eine Abberufung mit ausdrücklicher oder auch konkludenter ordentlicher Vertragskündigung nach wie vor von der wohl herrschenden Trennungstheorie (zwischen organschaftlicher Bestellungs- oder Abberufungsbeschlussfassung bzw. Vertragsabschluss- oder Kündigungsentscheidung) auszugehen ist.
Bisher geht wohl die überwiegende Rechtsmeinung davon aus, dass bei alleiniger Best...