Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 Abs. 4 WEG, § 26 Abs. 3 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 4 WEG, § 27 FGG, § 551 Nr. 5 ZPO
Kommentar
Das Wohnungseigentumsgericht kann auf Antrag eines Eigentümers einen Verwalter nicht nur gemäß § 26 Abs. 3 WEG als Notverwalter, sondern auch nach § 21 Abs. 4 WEG bestellen. Das Gericht hat hier auch einen Ermessensspielraum, die Amtszeit des von ihm bestellten Notverwalters nach den Umständen des Einzelfalles sinnvoll zu begrenzen.
Da der Richter bei der Bestellung eine Entscheidung nach billigem Ermessen gem. § 43 Abs. 2 WEG zu treffen hat, ist er auch bei einem auf § 21 Abs. 4 WEG gestützten Antrag nicht darauf beschränkt, die übrigen Wohnungseigentümer lediglich zur Mitwirkung bei der Bestellung des gewünschten und geeigneten Verwalters zu verpflichten (insbesondere bei tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Eigentümergruppen).
Stützt sich eine Verwalterbestellung durch das Gericht auf § 21 Abs. 4 WEG, so ist er nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG bestellt; insoweit besteht kein Anlass für eine Begrenzung der Amtszeit im Gerichtsbeschluss, da jedes Verwalteramt durch Abberufungs-Mehrheitsbeschluss endet, spätestens nach 5 Jahren. Bei einer Bestellung nach § 26 Abs. 3 WEG (Notverwalter) ist vom Gesetz weder vorgesehen, dass der Richter diesen Verwalter zur baldigen Abhaltung einer Eigentümerversammlung zum Zweck der Neuwahl eines "ordentlichen" Verwalters zu verpflichten hat, noch wird vom Gesetz eine gerichtliche Begrenzung der Amtszeit verlangt. Auch hier gelten die gleichen Grundsätze wie beim eigentümerseits nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG bestellten Verwalter.
Im Rahmen seiner richterlichen Ermessensentscheidung kann jedoch das Gericht die Amtszeit des Notverwalters von vornherein auf eine bestimmte Frist begrenzen. Die vorliegend vom Amtsgericht ausgesprochene Begrenzung auf ein volles Kalenderjahr nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses ist jedenfalls nicht als zu großzügig zu beurteilen. Dabei ist nämlich zu bedenken, dass kaum ein Verwalter bereit sein wird, die Verwaltung einer Wohnanlage nur für wenige Monate oder gar nur für Wochen zu übernehmen. Zum Abbau von Spannungen zwischen Eigentümergruppen ist auch eine längere Amtszeit eines neutralen Notverwalters sinnvoll.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 12.12.1988, BReg 2 Z 49/88= NJW-RR 8/1989, 461)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
M. E. ist die Bestimmung des § 26 Abs. 3 WEG mit speziellen Voraussetzungen für eine Notverwalterbestellung lex specialis und damit vorrangig gegenüber der allgemeinen Bestimmung des § 21 Abs. 4 WEG (Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung im weitesten Sinne), auch wenn sich aus § 21 Abs. 4 WEG Antragsberechtigungen von Eigentümern gegen die restlichen Miteigentümer ergeben, einer Verwalterbestellung im Fall nicht vorhandener Verwaltung zuzustimmen. Die Bestellung eines vom Gesetz nicht zwingend vorgesehenen Verwalters ist nämlich auch eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung.
Über § 21 Abs. 4 WEG kann jedoch m.E. ein Gericht nicht von sich aus - wie in der speziellen Bestimmung des § 26 Abs. 3 WEG vorgesehen - einen bestimmten Verwalter einsetzen, sondern allenfalls die Eigentümer verpflichten, einen Verwalter mehrheitlich zu bestellen. Dem Gericht ist auch im Fall des § 21 Abs. 4 WEG nicht ein so weitgehender Gestaltungsspielraum einzuräumen, hier bestimmte Amtszeiten festzulegen; auch dies obliegt m.E. allein der Mehrheitsentscheidung der Eigentümer. M.E. kann ein Gericht z. B. auch nicht eine spezielle Hausordnung als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung im Rahmen eigenen Ermessens diktieren, sondern allenfalls Eigentümer verpflichten, eine übliche, möglichst rechtsgültige (ggf. bereits beantragte) Hausordnung mehrheitlich zu beschließen.
Notverwalter nach § 26 Abs. 3 WEG werden i.d.R. deshalb eingesetzt, um möglichst bald ordnungsgemäß eine Eigentümerversammlung einzuberufen mit dem Tagesordnungspunkt "Bestellung eines Verwalters". Hat bis dahin ein Notverwalter seine Arbeit ordentlich zur Zufriedenheit der Eigentümer erledigt, wird er auch oftmals durch Mehrheitsbeschluss bestätigt bzw. für die neue Amtszeit erstmalig neu bestellt. Ein Gericht sollte auch bei notwendiger Bestellung eines Notverwalters nicht zu weitgehende eigene Diktate aussprechen, sondern die Entscheidung über einen Verwalter der Mehrheit der Eigentümer überlassen. Das Einsetzen eines Notverwalters auf 1 Jahr, noch dazu erst nach Eintritt der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung erscheint mir bei einem fremdbestimmten Verwalter als zu lange bemessen unter Berücksichtigung des Wortlautes des § 26 Abs. 3 WEG ("Bestellung in dringenden Fällen bis zur Behebung des Mangels"). Behoben ist ein Mangel, wenn auf korrekte Einladung ein Mehrheitsbeschluss über eine Verwalterbestellung durch die Eigentümer erfolgt. Die Entscheidung des Senats, insbesondere unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 WEG, erscheint mir deshalb als ein zu weitgehend eingeräumtes richterliches Ermessen und zu geringe Berücksichtig...