Leitsatz

Weitgehendes Ermessen bei Festlegung der Dauer einer Notverwalterbestellung durch das Gericht (auch durch einstweilige Anordnung)

 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 26 Abs. 3, 43 Abs. 1 Nr. 3, 44 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Auf Antrag eines Wohnungseigentümers kann das Gericht einen Verwalter nicht nur unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 WEG (Notverwalter), sondern auch nach § 21 Abs. 4 WEG bestellen; dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Eigentümer dies im Rahmen seines Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung beantragt. Ein Richter hat eine Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen; auch bei einem auf § 21 Abs. 4 WEG gestützten Antrag ist das Gericht nicht darauf beschränkt, die übrigen Eigentümer lediglich zur Mitwirkung bei der Bestellung des gewünschten und geeigneten Verwalters zu verpflichten (insbesondere wenn tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Gruppen von Eigentümern bestehen, unmittelbar selbst einen Verwalter zu bestellen).
  2. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann das Gericht auch einen Notverwalter bis zu einer Verwalterbestellung durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümer bestimmen, insoweit auch eine Mindestdauer festsetzen, vor deren Ablauf eine Verwalterbestellung durch die Gemeinschaft ausgeschlossen ist. Dauert ein verwalterloser Zustand schon längere Zeit und ist die Einsetzung eines Notverwalters auch für eine längere Zeit sinnvoll, kann hier auch eine längere Notverwalteramtszeit entschieden werden. Dies gilt insbesondere bei hoher Konfliktbereitschaft einzelner Wohnungseigentümergruppen. Demgemäß kann aus Rechtsgründen auch für eine gerichtliche Notverwalterbestellung lediglich die absolute Grenze von 5 Jahren (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WEG) gelten, die allerdings in den meisten Fällen nicht erforderlich sein dürfte. Vorliegend wurde die Notverwalterbestellung auf knapp 3 Jahre von der Vorinstanz festgelegt, was rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die hier vom Gericht ausdrücklich verfügte Sperre für eine Neuwahl durch die Gemeinschaft ist zu respektieren. Somit kann auch ein für die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens im Wege einer einstweiligen Anordnung bestellter Notverwalter nicht durch einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer vorzeitig abberufen werden (vgl. auch OLG Düsseldorf v. 18.2.2002, 3 Wx 392/01, ZMR 2002, 612 = ZWE 2002, 373 = DWE 2002, 67).
  3. Auch hilfsweise kann in einem solchen Fall nicht Feststellung beantragt werden, dass ein gerichtlich verfügtes Notverwalteramt schon vor Ablauf des bestimmten Zeitraums mit der Wahl einer Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss endet; damit wäre eine jederzeitige mehrheitliche Abberufung des Notverwalters ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Dies kann ein Wohnungseigentumsrichter zwar gestatten, muss er aber nicht, wenn tatsächliche Umstände dem entgegenstehen. Vorliegend entsprach es dem Interesse der gesamten Wohnanlage und aller Mitglieder der Gemeinschaft, eine gewisse Kontinuität der Verwaltung herzustellen. Auch die Dauer gerichtlicher Verfahren durch mehrere Instanzen lassen eine allzu eng begrenzte Einsetzung eines Notverwalters nicht zu. Hier war auch die privatautonome Gestaltungsmöglichkeit der Eigentümer erheblich gestört. Wird eine durchgreifende Konfliktbereinigung nachgewiesen, kann im Übrigen jederzeit auch von Eigentümern die Änderung einer einstweiligen Anordnung angeregt werden. Damit wäre dann auch der Weg frei für eine Beschlussfassung der Eigentümer.
 

Link zur Entscheidung

KG v. 14.5.2003, 24 W 341/01, ZMR 10/2003, 780 = NZM 20/2003, 808KG Berlin, Beschluss vom 14.05.2003, 24 W 341/01

Anmerkung

Zu bedenken ist in solchen notwendig werdenden Fällen einer beantragten gerichtlichen Notverwalterbestellung, dass ein Gericht auch kaum Verwalterkandidaten finden dürfte, die nur für kurze Zeit ordnungsgemäße, überdies konfliktbereinigende Verwalterarbeit zu angemessenen Vergütungskonditionen zu leisten bereit sind. Gerade in solchen streitbefangenen Gemeinschaften wie hier empfiehlt sich deshalb tatsächlich eine Mitentscheidung auch über eine angemessene, längere Amtszeit eines solchen eingesetzten Notverwalters, die seitens aller Eigentümer zu respektieren ist.

Vgl. jedoch auch OLG Stuttgart v. 11.4.2003 zu Gruppe 7 (Ergänzungsheft 2/2004).

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