Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 26 Abs. 1 WEG, § 29 Abs. 1 S. 2 WEG
Kommentar
1. In einer Wohnungseigentümergemeinschaft erklärte sich trotz mehrfacher Bitten des Versammlungsleiters und anderer Eigentümer nur eine Person bereit, das Verwaltungsbeiratsamt zu übernehmen (statt der gesetzlichen - zwar abdingbaren - Forderung in § 29 Abs. 1 WEG von 3 Eigentümern als Beiräten). Auf fristgerechte Anfechtung eines Eigentümers hin haben alle 3 Instanzgerichte den Beschluss über die Bestellung des nur einen Beirats für ungültig erklärt.
Unter Hinweis auf unterschiedliche Literaturansichten über die Zulässigkeit einer vom Gesetz abweichenden Zusammensetzung eines Beirats (Vereinbarungserfordernis oder ausreichender Mehrheitsbeschluss) kam der Senat auch hier zum Ergebnis, dass die Abweichung von einer auch nur abdingbaren gesetzlichen Regelung grundsätzlich der Vereinbarungsform des § 10 Abs. 1 S. 2 WEG bedürfe, also der Zustimmung aller Eigentümer (Allstimmigkeit). Die Wahl eines Beirats entspreche zwar ordnungsgemäßer Verwaltung, wie sich dies schon hinsichtlich der Wahl aus § 29 Abs. 1 S. 1 WEG ausdrücklich ergebe; dies besage aber nicht, dass der einzelne Eigentümer einen Anspruch gegen die übrigen Eigentümer auf Bestellung eines Beirats habe. Die Wahl sei nicht zwingend, sodass es dem Willen der Mehrheit der Eigentümer überlassen bleibe, ob ein Beirat gewählt werden solle. Entscheide sich die Mehrheit der Eigentümer gegen die Bestellung eines Beirats, so begründe dies keinen Anspruch der überstimmten Minderheit der Eigentümer gegen die Mehrheit auf Bestellung. Hätten sich allerdings Wohnungseigentümer mehrheitlich für diese Organbildung entschieden, sei im Gesetz eindeutig vorgeschrieben, dass der Beirat eine bestimmte Zusammensetzung haben müsse. Eine andersgeartete Zusammensetzung wäre nur - wie erwähnt - in Vereinbarungsform mit Zustimmung aller Eigentümer möglich; darin liege kein bloßer Formalismus. Vorliegend hätten eben alle Eigentümer mit der Wahl nur eines Beiratsmitglieds einverstanden sein müssen oder aus ihrer Mehrheit 2 weitere Eigentümer von der Notwendigkeit einer Kandidatur überzeugen müssen. Gelinge dies nicht, gehe es nicht an, entgegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung der überstimmten Mehrheit, die entweder einen Beirat überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in der Besetzung nur eines Eigentümers wolle, einen den gesetzlichen Erfordernissen nicht entsprechenden Beirat aufzuzwingen.
Die Möglichkeit des Ausscheidens eines Beiratsmitglieds aus einem Beirat ändere daran nichts, da ein solcher Beirat dann zunächst in der gesetzlichen Zusammensetzung gewählt worden sei; ein späteres Ausscheiden führe deshalb nicht ohne weiteres zur Funktionsunfähigkeit, vielmehr ergebe sich daraus nur die Verpflichtung der Eigentümer, für den ausgeschiedenen Beirat einen anderen Eigentümer (oder auch einen Dritten) in den Beirat zu berufen.
2. Hätten sich - wie vorliegend - mehrere Bewerber für das Verwalteramt beworben und vor Abstimmung den Eigentümern vorgestellt, so sei schon in der entsprechend positiven und gesetzeskonformen Abstimmung über den ersten der Bewerber eine Entscheidung der Wohnungseigentümer über alle (hier: 3) Kandidaten gelegen. Ergebe sich deshalb schon bei der ersten Abstimmung eine Stimmenmehrheit für einen Verwalterkandidaten, war dieser auch wirksam im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 1 WEG bestellt; einer Abstimmung über die übrigen Kandidaten bedurfte es deshalb nicht mehr.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.08.1990, 3 Wx 257/90)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
1. Formalrechtlich sicher zutreffend orientiert sich das Ergebnis dieser Entscheidung zur Beiratswahl ausschließlich am - zwar abdingbaren - Gesetzeswortlaut des § 29 Abs. 1 WEG (i. V. m. § 10 Abs. 1 u. 2 WEG). Dennoch befriedigt dieses Rechtsergebnis - streng an den Wortlaut des § 29 Abs. 1 S. 2 WEG angelehnt - zumindest mich nicht voll und ganz. Wenn in der Literatur verbreitet bisher die Meinung vertreten wird, dass es über den Gesetzeswortlaut hinaus Eigentümern unbenommen ist, auch über einfachen Mehrheitsbeschluss statt der gesetzlich vorgesehenen 3 Mitglieder als Wohnungseigentümer die Zahl z. B. auf 5 oder 7 (oder sogar mehr) Beiratsmitglieder zu erhöhen, so wäre mit der jetzigen Meinung des OLG Düsseldorf auch eine solche Erweiterung ohne Vereinbarung in Abweichung des gesetzlichen Gebots nicht mehr möglich (zumindest erfolgreich anfechtbar). Sogar die Tatsache, dass nur Wohnungseigentümer im Sinne des Gesetzes in den Beirat gewählt werden können (ggf. auch gültigerweise über einfachen Mehrheitsbeschluss - sog. Zitterbeschluss -), ist ja nach wie vor umstritten, vergleicht man die bisherige Rechtsprechung des BayObLG zu dieser Frage und die abweichende Meinung des KG Berlin jüngeren Datums, die ebenfalls unter Bezug auf den Wortlaut des Gesetzes grds. einen nur ei...