Leitsatz
Die Parteien waren getrennt lebende Eheleute. Die Klägerin nahm den Ehemann auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch. Sie hatte während noch bestehender Ehe eine Beziehung zu einem neuen Partner aufgenommen, ihren Mann im Mai 2004 verlassen und war aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Unmittelbar im Anschluss daran zog sie in die Wohnung ihres neuen Partners ein und lebte seither mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft zusammen. Erstinstanzlich war der Ehemann für einen begrenzten Zeitraum zur Leistung von Trennungsunterhalt verurteilt worden. Beide Parteien legten gegen dieses Urteil Berufung ein. Die Berufung der Ehefrau war ohne Erfolg. Auf die Berufung des Ehemannes wurde die Klage insgesamt abgewiesen.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das KG kam zu dem Ergebnis, die Ehefrau habe ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt aus § 1361 Abs. 1 BGB verwirkt. Dies folge allerdings nicht allein daraus, dass sie ihrem Ehemann das Zusammenleben mit einem neuen Partner verschwiegen habe. Der Unterhaltsanspruch scheitere jedoch daran, dass sich die Klägerin schon während bestehender Ehe einem neuen Partner in einer Weise zugewandt habe, die ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten i.S.d. § 1579 Nr. 6 BGB begründe. Sie habe ihren Mann im Mai 2004 verlassen, sei aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und im unmittelbaren Anschluss daran in die Wohnung ihres Freundes eingezogen, mit dem sie seither in ehelicher Gemeinschaft zusammenlebe. Wende sich ein Ehegatte in solcher Weise gegen den Willen seines Ehepartners einem anderen Partner zu, kehre er sich damit in einem Maße von seiner Ehe und dem Ehepartner ab, dass er, der sich von seinen eigenen ehelichen Bindungen distanziere und die dem anderen Ehegatten geschuldete Hilfe und Betreuung einem Dritten zuwende, nicht seinerseits den Ehepartner aus dessen ehelicher Mitverantwortlichkeit für sein wirtschaftliches Auskommen in Anspruch nehmen könne.
Eine solche Inanspruchnahme liefe dem Grundsatz der Gegenseitigkeit zuwider, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liege. Deshalb schaffe diese Abkehr des Ehegatten von der Ehe in aller Regel einen Verwirkungsgrund i.S.d. § 1579 Nr. 6 BGB, der dazu führen, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten grob unbillig wäre (BGH v. 23.4.1980 - IVb ZR 527/80, MDR 1980, 741 = NJW 1980, 1686, 1687; BGH v. 17.2.1982 - IVb ZR 653/80, MDR 1982, 654 = NJW 1982, 1216; 1217 f.; BGH v. 28.3.1984 - IVb ZR 64/82, MDR 1984, 1010 = NJW 1984, 2358, 2359 f.). Dass die Ehefrau ihre Beziehung zu einem neuen Partner sogleich dem Ehemann offenbart haben wolle, stehe der Annahme eines einseitigen Ausbrechens aus der Ehe nicht entgegen. Der Verwirkungstatbestand wäre unter diesen Umständen nur dann nicht verwirklicht, wenn der Ehemann sich seinerseits von der Ehe mit der Klägerin bereits losgesagt hätte, weil es nur dann an der erforderlichen Einseitigkeit fehlen würde.
Im Übrigen stehe der Ehefrau ungeachtet der vorliegenden Voraussetzungen des § 1579 Nr. 6 BGB ein Unterhaltsanspruch für die Zeit ab Mai 2006 deshalb nicht mehr zu, weil ab diesem Zeitpunkt der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt sei. Nach der Rechtsprechung des BGH könne die Inanspruchnahme auf Trennungsunterhalt in entsprechender Anwendung des § 1579 Nr. 7 BGB unzumutbar sein, wenn der Unterhaltsberechtigte eine länger dauernde Beziehung zu einem anderen Partner eingegangen sei, die sich in einem solche Maße verfestigt habe, dass sie als eheähnlich anzusehen sei. Dies setze voraus, dass sich die neue Lebensgemeinschaft bereits gefestigt habe. Die zeitliche Mindestgrenze liege nach der Rechtsprechung des BGB regelmäßig nicht unter zwei Jahren. Da die Ehefrau im Mai 2004 zu ihrem jetzigen Lebenspartner gezogen sei, laufe diese Frist im Mai 2006 ab.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Urteil vom 02.02.2006, 19 UF 93/05