Leitsatz
Das OLG Köln hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, ob § 1579 Nr. 1 BGB auch auf den Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB anzuwenden ist. Ferner ging es um die Frage der Verwirkung des Trennungsunterhaltsanspruchs.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im April 1992 geheiratet. Ihre Ehe war kinderlos geblieben. Das Ehescheidungsverfahren zwischen ihnen war anhängig. Die Klägerin war polnische Staatsangehörige, der Beklagte Deutscher.
Eine Trennung der Parteien erfolgte im Mai 1993. Die Klägerin trug dazu vor, es habe ein gemeinsamer Urlaub bei ihren Eltern in Polen verbracht werden sollen. Der Beklagte sei jedoch absprachewidrig nicht nachgereist. Bei ihrer Rückkehr nach Deutschland im Herbst 1993 habe sie festgestellt, dass er sich einer anderen Frau zugewandt habe.
Nach dem Vorbringen des Beklagten hatte die Klägerin seinerzeit, nachdem sie eines Diebstahls in dem Schwimmbad, in dem sie seinerzeit arbeitete, beschuldigt worden war, die Ehewohnung verlassen und war nach Polen gereist, ohne ihn zu informieren.
Erst 1995 habe sie sich bei ihm gemeldet und erst 1996 habe er ihre Adresse erfahren und sodann den Scheidungsantrag eingereicht.
Die Klägerin blieb zunächst nach der Rückkehr aus Deutschland im Herbst 1993 bei ihren Eltern in Polen und verrichtete dort Gelegenheitsarbeiten. 1996 bis Anfang 1997 arbeitete sie in einem Altenheim in Deutschland bei Bruttobezügen von ca. 1.600,00 DM. Am 19.3.1997 wurde sie nach Polen ausgewiesen und war dort zunächst arbeitslos. Seit Januar 1998 war sie wieder erwerbstätig und verdiente aus ihrer Tätigkeit 850,00 Zloty monatlich.
Der Beklagte war von Beruf Elektroinstallateur. Er war fortlaufend berufstätig. Die genaue Höhe seines Einkommens und seiner Belastungen war zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt ab 1.4.1997 i.H.v. 885,00 DM monatlich in Anspruch.
Erstinstanzlich wurde ihr monatlicher Trennungsunterhalt i.H.v. 590,00 DM ab April 1997 zugesprochen.
Gegen dieses Urteil wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Das Rechtsmittel erwies sich als begründet.
Entscheidung
Das OLG hielt einen Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt für nicht gegeben, da ein solcher Anspruch gemäß §§ 1361 Abs. 3 i.V.m. § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt sei.
Der Anspruch entfalle allerdings nicht schon deshalb, weil die Parteien nur etwa ein Jahr von Frühjahr 1992 bis Frühjahr 1993 zusammengelebt hätten, da § 1579 Nr. 1 BGB beim Trennungsunterhalt unanwendbar sei.
Ebenso scheide eine Verwirkung nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen aus, da § 1579 Nr. 2 bis 7 BGB die Voraussetzungen für einen vollen oder teilweisen Ausschluss des Unterhalts abschließend regelten.
Dem Unterhaltsanspruch der Ehefrau stehe auch nicht entgegen, dass die Ehepartner nur knapp ein Jahr zusammengelebt hätten und sie danach vier Jahre lang keine Ansprüche geltend gemacht habe. Der Anspruch setze nicht voraus, dass eine fortlaufende Bedürftigkeit nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestanden habe. Solange die Ehe nicht rechtskräftig geschieden sei, könne die Bedürftigkeit jederzeit neu einsetzen, ohne dass die Ehepartner ihre wirtschaftlichen Lebensdispositionen aufeinander eingestellt haben müssten (BGH FamRZ 1985, 376 (378) und 1989, 838 (839)).
Ein Unterhaltsanspruch der Klägerin aus § 1361 BGB entfalle jedoch gemäß § 1579 Nr. 7 BGB wegen objektiver Unzumutbarkeit in vollem Umfang. Im Rahmen dieser Vorschrift könnten auch Versagungsgründe berücksichtigt werden, die nicht auf einem Verschulden des Berechtigten, sondern auf objektiver Unzumutbarkeit beruhten (BGH FamRZ 1994, 558; 1995, 540; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl. (1997), Rn. 1113). Im vorliegenden Fall müsse davon ausgegangen werden, dass sich die aus der Unterhaltspflicht ergebende Belastung aus objektiven Gründen für den Beklagten unzumutbar sei.
Die Ehe der Parteien sei kinderlos geblieben. Bei ihrer Trennung sei die Klägerin 21 Jahre und der Beklagte 23 Jahre alt gewesen. Anschließend habe die Klägerin vier Jahre lang keine Unterhaltsansprüche geltend gemacht, nicht wegen mangelnder Leistungsfähigkeit des Beklagten, sondern weil sie in Polen und später in Deutschland offensichtlich ohne Unterstützung des Beklagten habe leben können.
Ein Unterhaltsanspruch, der nur daraus hergeleitet werde, dass das Einkommensniveau zwischen Deutschland und Polen unterschiedlich hoch sei, übersteige die Grenzen der zumutbaren Belastung.
Ohne den Umzug der Klägerin nach Polen wäre nach den gegebenen Verhältnissen eine wirtschaftliche Bedürftigkeit nicht gegeben, da die junge und kinderlose Klägerin den ehegemäßen Lebensstandard durch eigene Erwerbstätigkeit aufrechterhalten könnte.
Eine materielle Verantwortung des Beklagten für die jetzt geltend gemachte Bedürftigkeit der Klägerin sei zu verneinen.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Urteil vom 17.09.1998, 14 UF 296/97