Leitsatz

Die Klägerin begehrte Trennungsunterhalt und in Prozessstandschaft Kindesunterhalt. Im Berufungsverfahren war nur noch der Trennungsunterhalt ab September 2004 im Streit.

Die Parteien hatten im Jahre 1996 geheiratet. Ebenfalls im Jahre 1996 wurde eine gemeinsame Tochter geboren, im Jahre 1999 eine weitere gemeinsame Tochter. Der Ehemann war im Übrigen Vater einer im Jahre 2007 geborenen Tochter.

Die Trennung der Parteien erfolgte nach übereinstimmenden Angaben der Parteien im Scheidungsverfahren am 1.7.2004. Die Klägerin zog mit den Kindern aus der ehelichen Wohnung aus.

Mit Anwaltsschreiben vom 15.9.2004 forderte die Klägerin den Beklagten auf, Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zur Geltendmachung und Bemessung des zu leistenden Unterhalts zu erteilen.

Mit Urteil vom 6.4.2009 hat das AG die Ehe der Parteien geschieden, die elterliche Sorge für die beiden Kinder auf die Klägerin übertragen, das Verfahren über den Versorgungsausgleich gemäß § 2 Abs. 1 VAÜG ausgesetzt und den Antrag der Klägerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts unter Hinweis auf den Grundsatz der Eigenverantwortung abgewiesen.

Das Verfahren zum Trennungsunterhalt ist unter dem 13.7.2005 im Wege der Stufenklage eingeleitet worden. Durch Teilurteil vom 15.5.2006 hat das AG den Beklagten zur Erteilung einer Auskunft über seine Einkünfte verurteilt. Nach Auskunftserteilung und Bezifferung der Unterhaltsansprüche wurde der Beklagte für die Zeit ab September 2004 zur Leistung von Kindesunterhalt und rückständigem Trennungsunterhalt in unterschiedlicher Höhe verurteilt, zuletzt i.H.v. 1.204,00 EUR von August 2008 bis September 2008.

Im Übrigen hat das AG die Klage abgewiesen. Gegen die Entscheidung hinsichtlich des Trennungsunterhalts wandte sich die Klägerin mit ihrer Berufung und rügte u.a., das AG habe nicht beachtet, dass nicht die Vorschriften der §§ 1569 ff. BGB Anwendung fänden, sondern es um einen Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB gehe.

Der Beklagte wehrte sich gegen das erstinstanzliche Urteil mit der Anschlussberufung und begründete sein Rechtsmittel u.a. damit, die Klägerin habe einen etwaigen Unterhaltsanspruch verwirkt. Die habe ihn im Frühjahr 2004 verlassen, sich einem neuen Partner zugewandt und mit ihm ein außereheliches Verhältnis aufgenommen. Im Übrigen habe sie ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht konsequent und zeitnah geltend gemacht, so dass ihr Unterhaltsanspruch nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwirkt sei.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG führte in seiner Entscheidung zunächst aus, das trotz Inkrafttretens des FamFG am 1.9. auf den vorliegenden Fall das bisherige Verfahrensrecht Anwendung finde, da es in erster Instanz vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sei.

Im Hinblick auf die Inverzugsetzung mit Anwaltsschreiben vom 15.9.2004 sei die Klägerin grundsätzlich berechtigt, Trennungsunterhalt ab September 2004 geltend zu machen.

Ihr Anspruch sei auch nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwirkt.

Hinsichtlich der Verwirkung, also der Frage, ob sich die Geltendmachung rückständigen Unterhalts unter dem Gesichtspunkt illoyal verspäteter Rechtsausübung nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB als unzulässig darstelle, bedürfe es des Zeit- und des Umstandsmoments. Beim Unterhalt seien an das Zeitmoment keine großen Anforderungen zu stellen. Es könne bereits für Zeitabschnitte, die mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit der Klage oder einem erneuten Tätigwerden lägen, bejaht werden (BGH FamRZ 1988, 370, 372 f.; FamRZ 2007, 453, Tz. 22).

Da ein Unterhaltsanspruch nicht verwirkt sein könne, bevor er überhaupt fällig geworden sei, müssten gegebenenfalls die in Frage kommenden Zeitabschnitte gesondert betrachtet werden (BGH FamRZ 1988, 370).

Danach komme eine Verwirkung wegen nicht zeitnaher Geltendmachung des Unterhalts allenfalls dann in Betracht, wenn ein Zeitraum von mehr als einem Jahr vergangen sei, bevor der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltsschuldner erneut mit seiner Forderung konfrontiert habe. Daran fehle es vorliegend. Zwischen der erstmaligen Aufforderung zur Zahlung von Trennungsunterhalt vom 15.9.2004 und der Einreichung der Klage mit Schriftsatz vom 13.7.2005 habe ein Zeitraum von weniger als zehn Monaten gelegen. Auch im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens sei ein Zeitraum von einem Jahr und mehr, ohne dass die Klägerin auf ihr Begehren zurückgekommen wäre, nicht entstanden.

Allerdings sei die Klägerin sehr spät in die zweite Stufe der Stufenklage eingetreten, nämlich mit Schriftsatz vom 29.6.2007, nachdem ihr das Teilurteil über die erste Stufe vom 15.5.2006 bereits am 19.6.2006 zugestellt worden sei. Damit liege zwischen dieser Zustellung und dem beziffernden Schriftsatz ein Zeitraum von mehr als einem Jahr. Auch dieser Umstand habe vorliegend nicht zur Folge, dass die Klägerin Unterhaltsansprüche bis einschließlich Juni 2006 im Hinblick auf eine Verwirkung nach § 242 BGB nicht mehr geltend machen könne.

Zu berücksichtigen sei nämlich, dass parallel zum ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge