Leitsatz

Gesetzliche Haftung des Verwalters für verzögerte Ursachenfeststellung von Schäden im Sondereigentum

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG; § 280 BGB

 

Kommentar

  1. In einer Eigentumswohnung kam es im Bereich des Dachflächenfensters zu Feuchtigkeitseintritten und Schimmel sowie Befall von Silberfischchen. Der Verwalter erklärte nach Schadensmeldung, dass als Ursache falsches Lüftungsverhalten des Mieters in Betracht käme. Der Mieter minderte zunächst die Miete um 20 % und kündigte anschließend das Mietverhältnis außerordentlich. Erst 9 Monate nach Mängelanzeige beauftragte der Verwalter einen Sachverständigen, der einen Fenstermangel als Schadensursache bestätigte. Der klagende Vermieter forderte vom Verwalter Schadensersatz in Höhe der geminderten Miete und hinsichtlich des Mietausfalls zwischen außerordentlicher Kündigung des Mieters und neuer Vermietung.
  2. Der Klage wurde vom LG im Wesentlichen stattgegeben. Der Verwalter wäre nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG verpflichtet gewesen, die erforderlichen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung zu treffen. Seine Verpflichtung besteht auch gegenüber einzelnen Eigentümern. Er hat nach h. M. Mängel festzustellen, die Eigentümer hierüber zu unterrichten und deren Entscheidung über das weitere herbeizuführen. Zeigen sich Mängel allein im Sondereigentum, die möglicherweise ihre Ursache im Gemeinschaftseigentum haben, muss er den Rügen nachgehen und kann nicht von vorneherein – wie hier bei Feuchtigkeits- und Schimmelschäden – Aktivitäten zunächst ablehnen. Sein Verschulden wird nach § 280 Abs. 1 BGB indiziert. Allerdings war die Pflichtverletzung des Verwalters nicht für den gesamten Schaden des Klägers kausal, zumal nicht von einem dringenden Fall im Sinn des § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG ausgegangen werden konnte. Der Verwalter hätte jedoch mindestens eine Entscheidung der Gemeinschaft rechtzeitig herbeiführen müssen.
Anmerkung

Bemerkenswert ist, dass das Gericht auch von einer gesetzlichen Haftung des Verwalters gegenüber allen Miteigentümern ausging und eine mögliche Haftung aus Verwaltervertrag gar nicht erst erwähnte. In gravierenden Fällen ist damit ein Verwalter auch durchaus berechtigt und verpflichtet, drohende Schäden im Bereich des Sondereigentums nach § 683 BGB abzuwehren (vgl. hierzu auch BGH v. 18.2.2011, V ZR 197/10, MietRB 2011 S. 147 (Heinemann) = NZM 2011 S. 454).

Um möglichen Haftungsrisiken zu entgehen, muss sich ein Verwalter unverzüglich bemühen, Schadensursachen festzustellen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Mangel vom Gemeinschaftseigentum ausgeht. Gerade bei Feuchtigkeitsschäden sind detaillierte Untersuchungen von Nöten.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 15.10.2012, 1 S 26801/11

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