Tenor

Es wird festgestellt, daß das von dem Beteiligten zur Umstellung angemeldete Guthaben in Höhe von 52.990,51 Mark/DDR unrechtmäßig erlangt wurde.

Der Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Das Verfahren betrifft die umstellungsguthabenrechtliche Behandlung der bei der damaligen Sparkasse der Stadt Berlin geführten Konten Nr. 6 … sowie Nr. 6 … die per 30. Juni 1990 ein Guthaben von 36.483,80 Mark beziehungsweise von 52.990,51 Mark, mithin ein Guthaben in Höhe von insgesamt 89.474,31 Mark aufwiesen, hinsichtlich derer durch Entscheidung des zeitweiligen Sonderausschusses der früheren Volkskammer der DDR vom 27. September 1990 die bereits zuvor verfügte zeitweilige Sperrung „bis zum Abschluß des Strafverfahrens” angeordnet wurde.

Der 1927 geborene Beteiligte ist von Beruf Industriekaufmann. Von 1951 bis 1955 studierte er an der Hochschule für Ökonomie und schloß sein Studium als Diplomwirtschafter ab. Seit 1952 war er Mitglied der damaligen SED. Seit 1982 war er Leiter der Abt. Finanzverwaltung und Parteibetriebe des ehemaligen Zentralkomitees der SED. Zugleich war er alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer des organisationseigenen Betriebs „Fundament”. Am 10. Februar 1990 wurde der Beteiligte aus der SED/PDS ausgeschlossen, am 3. Oktober 1992 wurde dieser Parteiausschluß wieder aufgehoben.

Am 4. Dezember 1989 leitete der Generalstaatsanwalt der DDR gegen den Beteiligten ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue in einem schweren Fall ein. Aufgrund des Haftbefehls des Stadtbezirksgerichts Berlin-Mitte vom selben Tag, der später auf den Straftatbestand des Vertrauensmißbrauchs erweitert worden war, befand sich der am 3. Dezember 1989 festgenommene Beteiligte bis zum 16. März 1990 in Untersuchungshaft.

Für das in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft am 23. Mai 1990 bei der Sparkasse der Stadt Berlin eröffnete Konto Nr. 6 … stellte der Beteiligte unter nicht bekanntem Datum entsprechend dem Vertrag über die Währungsunion vom 18. Mai 1990 und der hierzu ergangenen Anlage I einen Umstellungsantrag. Für das auf den Namen beider Ehegatten am 19. Mai 1988 eröffnete Spargirokonto Nr. 6 … wurde ein Umstellungsantrag von seiner Ehefrau unter dem 20. Juni 1990 gestellt (Bl. 12 VV). Die daraufhin umgestellten Konten werden heute von der Berliner Sparkasse zu den Konto-Nrn. …6 sowie …0 geführt.

Am 29. Juni 1990 beschloß die Volkskammer der DDR das „Gesetz über den Nachweis der Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Umstellungsguthaben” – UGG – (GBl. DDR I S. 503), das am selben Tag in Kraft trat. Das Gesetz sieht in § 1 die Prüfung des rechtmäßigen Erwerbs von Umstellungsguthaben vor und übertrug diese Aufgabe einem aus 21 Abgeordneten der Volkskammer bestehenden zeitweiligen Sonderausschuß.

Mit Schreiben vom 6. Juli 1990 forderte der Sonderausschuß den Beteiligten auf, die Rechtmäßigkeit des Erwerbs des Gesamtguthabens nachzuweisen, und ordnete am selben Tag gegenüber der kontoführenden Sparkasse an, daß das Konto des Herrn H. W. Nr. … bis auf Widerruf zu sperren sei, wobei diese Sperre auch bezüglich im Umstellungsantrag etwa angegebener weiterer Konten anderer Geldinstitute zu veranlassen sei.

In seiner Erklärung vom 16. Juli 1990 legte der Beteiligte gegenüber dem Sonderausschuß zusammenfassend dar, das „Verlangen”, die Rechtmäßigkeit des Erwerbs des zur Umstellung angemeldeten Guthabens nachzuweisen, sei in keiner Weise gerechtfertigt. Die auf „unseren Konten” angesammelten Guthaben seien rechtmäßig erworben worden; sie stammten aus Arbeitseinkommen von ihm und seiner Ehefrau.

Am 27. September 1990 traf der Sonderausschuß folgende „Entscheidung”:

  1. Auf der Grundlage des Gesetzes zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Umstellungsguthaben … hat der Sonderausschuß mit Wirkung vom 7.6.1990 (richtig: 6. Juli 1990) die Sparkonten von Herrn W. zeitweilig gesperrt.

    Verbunden damit war das schriftlich an Herrn W. übergebene Verlangen, die Rechtmäßigkeit seiner Gesamtguthaben gegenüber dem Ausschuß nachzuweisen.

  2. Gegen Herrn W. läuft gegenwärtig ein Strafverfahren wegen Untreue zu Lasten des gesellschaftlichen Eigentums. Er wird unter anderem beschuldigt, 1985 den Kauf eines komfortablen Einfamilienhauses … zu einem Gesamtwert von 310 TM durch das ehemalige ZK der SED veranlaßt zu haben, welches von Herrn W. als Wochenendhaus persönlich genutzt wurde.

    Die vom Ausschuß verfügte zeitweilige Sperrung seiner Konten … mit einem Gesamtguthaben von 89.474,31 M/DDR … bleibt bis zum Abschluß des Strafverfahrens wirksam.

  3. Sollten sich im Ergebnis des Strafverfahrens Tatbestände persönlicher Bereicherung entsprechend dem o.g. Gesetz, § 5 Abs. 2, ergeben, ist in der festgestellten Höhe unter Anwendung des Gesetzes die Einziehung des Geldbetrages aus den gesperrten Sparkonten zugunsten des Staatshaushaltes zu verfügen.

Diese dem Beteiligten am 1. Oktober 1990 bekanntgegebene „Entscheidung” wurde ihm zusammen mit einem Anschreiben übermittelt, in dem es heißt, er habe das Recht, hiergegen innerhalb von zwei Wochen schriftlich Beschw...

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