Nachgehend
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Antragstellerin, die Jugendorganisation der NPD „Junge Nationaldemokraten” (JN), wendet sich gegen eine versammlungsrechtliche Auflage.
Am 4. November 2004 meldete die Antragstellerin für den 8. Mai 2005 einen Aufzug unter dem Motto „60 Jahre Befreiungslüge – Schluss mit dem Schuldkult!” an. In der Zeit von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr sollte der Aufzug vom Alexanderplatz über die Karl-Liebknecht-Straße, Unter den Linden, Glinkastraße, Behrenstraße und Ebertstraße zum Platz des 18. März (Brandenburger Tor) führen.
In dem Veranstaltergespräch am 23. März 2005 schlug die Versammlungsbehörde der Antragstellerin eine Modifizierung der Anmeldung vor, wonach der Aufzug erst um 14.00 Uhr beginnen, die Abschlusskundgebung Unter den Linden Ecke Glinkastraße stattfinden und der Aufzug am S-Bahnhof Friedrichstraße enden solle. Sie erklärte, dass es aufgrund der Vielzahl bereits angemeldeter Demonstrationen und bereits bekannter Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges nicht möglich erscheine, am Holocaust-Mahnmal vorbeizuziehen und die Abschlusskundgebung auf dem Platz des 18. März durchzuführen. Alternative Wegstrecken erschienen aufgrund des Wiener Übereinkommens sowie des „Befriedeten Bezirkes” nicht möglich. Die Antragstellerin erklärte, dass sie ca. 3.000 Teilnehmer erwarte.
Mit Schreiben vom 24. März 2005 teilte der Bundesgeschäftsführer der NPD der Versammlungsbehörde im Namen der Antragstellerin mit, dass die Anmeldung vom 4. November 2004 bestehen bleibe. Am Holocaust-Mahnmal werde man schweigend vorbeiziehen. Der Beginn des Aufmarsches solle so verlegt werden, dass der Aufzug die „Neue Wache” erst nach Beendigung des dort vorgesehenen Staatsaktes passieren werde. Mit Telefax vom 21. April 2005 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass als Redner bisher Udo Voigt, Holger Apfel und Stefan Rochow feststünden.
Wie der Kammer aus dem Verfahren VG 1 A 61.05 bekannt ist, erteilte das Bezirksamt Mitte von Berlin dem Regierenden Bürgermeister von Berlin am 19. April 2005 eine Sondernutzungserlaubnis für die Straße des 17. Juni einschließlich des Platzes des 18. März und der Ebertstraße für die Zeit vom 5. bis 9. Mai 2005, die die Senatskanzlei mit Schreiben vom 23. März 2005 für eine Veranstaltung aus Anlass des 60. Jahrestages der Befreiung unter dem Motto „Ein Tag für die Demokratie” beantragt hatte.
Mit Bescheid vom 26. April 2005 versah der Polizeipräsident in Berlin die Versammlung mit 12 für sofort vollziehbar erklärten Auflagen. Nach der Auflage Nr. 1 darf der angemeldete Aufzug frühestens nach Beendigung der in der Neuen Wache stattfindenden Kranzniederlegung, etwa gegen 14.00 Uhr, vom Alexanderplatz starten und ist über die Wegstrecke Karl-Liebknecht-Straße, Unter den Linden, Friedrichstraße bis zum Bahnhof Friedrichstraße zu führen und dort zu beenden. Die Durchführung des Aufzuges über Glinkastraße, Behrenstraße, Ebertstraße zum Platz des 18. März wird untersagt. Zur Begründung dieser Auflage führte der Antragsgegner aus: Der Vorbeimarsch am Holocaust-Mahnmal verstoße unerträglich gegen die öffentliche Ordnung im Sinne von § 15 Abs. 1 VersG und erfülle den Tatbestand des § 15 Abs. 2 VersG (neuer Fassung). Es stelle eine Verhöhnung der Opfer des NS-Terrors dar, wenn eine Gruppierung mit offenkundiger Nähe zum NS-Regime am Tag des Endes dieses Regimes, der für alle betroffenen Juden den Tag des Endes der Verfolgung und unendlichen Leids bedeute, mit dem Thema „60 Jahre Befreiungslüge – Schluss mit dem Schuldkult” am Denkmal für die ermordeten Juden Europas vorbeiziehe. Zur näheren Begründung führt der Antragsgegner aus, die Antragstellerin und der von ihr mobilisierte Teilnehmerkreis sei dem rechtsextremistischen Spektrum der Bundesrepublik Deutschland zuzuordnen. JN und NPD verfolgten verfassungsfeindliche Ziele und stünden in der Nähe zum Nationalsozialismus, stellten jüdische Opferzahlen in Frage und bedienten sich in einem Aufruf für den Aufzug einer Wortwahl, die der NS-Propaganda äußerst nahe stehe und den Holocaust relativiere. Dem Aufzug stehe weiterhin der größte Teil der angemeldeten Wegstrecke zur Verfügung. Der gewünschte Endplatz am Brandenburger Tor sei nicht verfügbar, da er durch Sondernutzungserlaubnis des Bezirksamts Mitte von Berlin dem Gemeingebrauch entzogen und dem Senat von Berlin für die Durchführung einer zentralen Gedenkveranstaltung überlassen worden sei. Es sei von Anfang an zu erwarten gewesen, dass eine zentrale Gedenkveranstaltung an einem so hervorragenden Tag und an einem Ort stattfinden würde, der im In- und Ausland als Symbol für die Vergangenheit und die Gegenwart Deutschlands ange...