Entscheidungsstichwort (Thema)
§§ 51 Abs. 1 und 53 Abs. 4 AuslG (Türkei)
Nachgehend
Tenor
Ziffer 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 12.12.1994 werden aufgehoben, soweit das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG zugunsten der Beigeladenen festgestellt worden sind.
Die Beklagte und die Beigeladenen dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und die Beigeladenen dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beigeladenen, am … 1975 und am … 1972 in Id. geborene türkischer Staatsangehörige kurdischer Volks- und moslemischer Religionszugehörigkeit, stellten am 04.10.1994 ihre Asylanträge.
In der Anhörung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (forthin: Bundesamt) gaben die Beigeladenen im wesentlichen an:
Sie seien am …09.1994 mit einem TIR-Lkw aus der Türkei aus- und mit diesem am …09.1994 nach O. in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Für die Ausreise hätten sie insgesamt 12.000,00 DM bezahlt, wozu sie den Lkw und auch die 200 Schafe verkauft hätten. Die Beigeladene zu 2) gab an, am Tage ihrer Hochzeit sei ihr Ehemann wegen eines Cousins, der in der Partei gewesen und in die Berge gegangen sei, festgenommen worden. Man habe ihn 15 Tage festgehalten. Später seien die Sicherheitskräfte zusammen mit den Dorfschützern jeden Monat gekommen und hätten ihn dann nochmals festgenommen. Sie hätten ihn unter freiem Himmel geschlagen, bis er bewußtlos gewesen sei. Sie selber hätten ihn dann bewußtlos und blutend auf dem Lande gefunden. Wann das gewesen sei, wisse sie nicht. Die Sicherheitskräfte seien wiedergekommen und hätten seinen Schwiegervater mitgenommen. Zehn Tage sei er verschwunden gewesen und sieben Tage vor ihrer Ausreise wieder freigelassen worden. Sie hätten eigentlich ihren Mann haben wollen. Die Sicherheitskräfte hätten mehrmals das Dorf umstellt. Wenn die Männer nicht dagewesen seien, hätten sie die Frauen geschlagen. Sie seien auch in der Dorfschule zusammengetrieben worden, und dann hätten sie sämtliche Wintervorräte vernichtet. Die Sicherheitskräfte hätten sie aus dem Dorf vertreiben wollen.
Der Beigeladene zu 1) gab an, Mitglied einer Organisation oder Partei sei er nicht gewesen. Er habe schon 1987 als Kind eine Festnahme erlebt. Schon damals sei ihre Familie unterdrückt worden. Sie hätten seinen Cousin haben wollen. Dieser sei in der PKK gewesen. 1989 sei er selber einmal für 42 Tage wegen seines Cousins festgenommen worden. Schon damals hätte man ihn mit Strom mißhandelt. Es sei damals auch erst 14 Jahre alt gewesen. Man habe damals ihm die Hand dabei verbrannt. Die Narben an seiner rechten Hand seien noch heute zu sehen. Auch 1992 sei er anläßlich einer Suchoperation im Dorf festgenommen und eine Woche lang festgehalten worden. Im Jahre 1993 habe er sich gar nicht mehr im Heimatdorf, sondern meistens in den Nachbardörfern aufgehalten. Am 25.01.1994 habe er geheiratet. Noch in der Hochzeitsnacht habe man ihn festgenommen und 15 Tage festgehalten. Sie hätten wissen wollen, wo sein Cousin sei und ihm Unterstützung der PKK vorgeworfen. Er sei nach S. gebracht und auch gefoltert worden. Er sei dann zwar freigelassen worden, habe aber gewußt, daß er nie Ruhe bekommen könne. Es habe für ihn einen Aufenthalt in der Illegalität bedeutet. Er sei später nochmals eine Woche festgenommen und im April freigelassen worden. Er habe sich dann eine Weile, ungefähr zwei Monate vor seiner Ausreise, bei seiner Tante in einem Dorf an der syrischen Grenze aufgehalten. Eine Woche vor der Ausreise sei er nach I. gegangen, nachdem er von zu Hause erfahren habe, daß die türkischen Sicherheitskräfte seinen Vater mitgenommen hätten. Dort könne man sich nur auf Baustellen aufhalten. Es gäbe viele Kontrollen, und weil er nicht im Besitz eines Ausweises gewesen sei, habe er sich in I. auch nicht sicher gefühlt. Bei einer Rückkehr würden sie ihn sofort festnehmen.
Mit Bescheid vom 12.12.1994 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte ab, stellte fest, daß hinsichtlich der Türkei die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie das Abschiebungshindernis des § 53 Abs. 4 AuslG vorlägen.
Im übrigen lägen Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vor. Die angedrohte Abschiebung in die Türkei dürfe solange nicht vollzogen werden, wie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 Abs. 4 AuslG vorlägen.
Ausweislich eines Vermerkes in der Behördenakte wurde der Bescheid dem Bunde...