Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf einer Approbation unter Anordnung des Sofortvollzugs aufgrund von bisher an Menschen nicht erprobten und nicht zugelassenen Behandlungsmethoden (sogenannte extrakorporalen Tryptophanverarmung mittels Hämoperfusion). Vorraussetzungen für die sofortige Vollziehung des Widerrufs einer Approbation

 

Normenkette

BÄO § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 1; VwGO § 80 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3; StPO § 154 Abs. 2

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der am 28.04.2008 erhobenen Anfechtungsklage gegen den mit gesondertem Bescheid des Antragsgegners vom 02.01.2008 für sofort vollziehbar erklärten Widerruf der dem Kläger erteilten Approbation als Arzt vom 20.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2008 wird unter folgenden Bedingungen wieder hergestellt:

Der Antragsteller unterlässt alle ärztlichen Behandlungen, die wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt sind oder den vom Bundesausschuss für Ärzte- und Krankenkassen auf der Grundlage des § 92 SGB V erlassenen Richtlinien widerspricht.

Dies gilt insbesondere für Behandlungen in Form

  • einer Tryptophanverarmung durch Hämoperfusion mittels Aktivkohlefilter oder TSO-Enzymen,
  • einer Immunabsorption mittels Plasmapherese,
  • sonstiger Heilversuche.

Bei einem Verstoß gegen obige Bedingungen wird der angeordnete Sofortvollzug des Widerrufs der Approbation wieder wirksam.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie.

Bereits mit Bescheid vom 03.09.2002 hatte der Antragsgegner ihm gegenüber das Ruhen seiner ihm am 14.01.1976 erteilten ärztlichen Approbation angeordnet. Die auf §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Bundesärzteordnung – BÄO – gestützte Anordnung war damit begründet worden, der Antragsteller habe nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Saarbrücken (Az.: 10 Js 1555/00) 28 sogenannte austherapierte Krebspatienten (Erkrankte mit bösartigen Tumoren in fortgeschrittenen Stadien ohne ernsthafte Heilungschancen) ohne eine vorherige ausreichende Aufklärung über die damit verbundenen zusätzlichen Risiken einer bisher an Menschen nicht erprobten und nicht zugelassenen Behandlung (einer sogenannten extrakorporalen Tryptophanverarmung mittels Hämoperfusion) unterzogen und diese hierdurch an ihrer Gesundheit geschädigt. Wegen dieses schwerwiegenden Fehlverhaltens fehle dem Antragsteller die für eine korrekte und integere Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Zuverlässigkeit, was die Anordnung des Ruhens der ärztlichen Approbation rechtfertige. Insoweit bestehe ein überragendes und unabweisbares Interesse der Allgemeinheit daran, die weitere Ausübung des ärztlichen Berufes durch den Antragsteller bis zum Abschluss des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens zu unterbinden, um danach weitere, unter Umständen auch weitergehende Entscheidungen, zu treffen.

Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Antragstellers vom 12.09.2002 war durch Bescheid des Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 18.11.2002 zurückgewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid hatte der Antragsteller am 20.12.2002 Klage erhoben (1 K 160/02) und diese im Wesentlichen unter Bestreiten einer unzulänglichen oder gar unterbliebenen Aufklärung seiner Patienten über die angewandten Behandlungsmethoden und übertriebener Angaben zu deren Erfolgsaussichten im Wesentlichen damit begründet, bei diesen Behandlungen habe es sich um zulässige Heilversuche gehandelt, die er einzig und allein zum Wohle dieser Patienten unternommen und dadurch versucht habe, die bestehenden toxischen Situationen nach den vorangegangenen Chemotherapien positiv zu beeinflussen und den Patienten damit eine Hospizhilfestellung zu leisten, um diesen die verbleibende Lebenszeit so angenehm wie möglich zu gestalten.

Durch weiteren Bescheid vom 22.07.2003 hatte der Antragsgegner seinen Ausgangsbescheid vom 03.09.2002 gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt.

Während der Antragsteller mit seinem Antrag vom 23.07.2003 auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage vom 20.12.2002 bei der erkennenden Kammer erfolglos geblieben war (zurückweisender Beschluss in 1 F 25/03 vom 07.08.2003), änderte das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Beschluss vom 21.01.2004 (1 W 29/03) diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ab und stellte die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die approbationsrechtliche Ruhensanordnung des Antragsgegners vom 03. September 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 18.11.2002 ab Zugang dieser (obergerichtlichen) Entscheidung unter nachfolgenden Bedingungen wieder her:

  1. „Der Antragsteller unterlässt jedwede ärztliche Behandlung, die wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt ist oder...

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