Entscheidungsstichwort (Thema)

vorläufige Neuerteilung einer Fahrerlaubnis im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Vorwegnahme der Hauptsache. Beurteilung der Kraftfahreignung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die (vorläufige) Neuerteilung einer Fahrerlaubnis begehrt, ist neben den übrigen Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache zu fordern, dass hinsichtlich der Beurteilung der Kraftfahreignung eine andere als die mit der einstweiligen Anordnung vorläufig erstrebte Entscheidung auch in der Hauptsache ausgeschlossen erscheint bzw. diesbezüglich eine an Sicherheit grenzende Aussicht auf Erfolg besteht.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4; StGB § 142; VwGO § 44a S. 1, § 123 Abs. 1 S. 2; StVG § 2 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragstellerin wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts A…-Stadt vom 28.8.2008 (Az.: C…), rechtskräftig seit 12.1.2009, im Zuge der Ahndung eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 Strafgesetzbuch – StGB –) die Fahrerlaubnis (der Klassen 3 und 4) mit einer Sperrfrist von neun Monaten entzogen.

Mit Antrag vom 12.3.2009 begehrte sie von der Antragsgegnerin die Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen B und BE. Die Antragsgegnerin wies die Antragstellerin dabei zunächst mündlich und auf Wunsch deren Prozessbevollmächtigten nochmals schriftlich darauf hin, dass vorliegend eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angezeigt sei, da es sich um eine im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangene Straftat handle und ein Fremdschaden von mehr als 1.300 EUR verursacht worden sei. Ihr Ermessen im Hinblick auf die Anforderung einer MPU übe sie insoweit in Einklang mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9.7.2002 (Az.: 3 K 79/02) aus, wonach die Straftat des unerlaubten Entfernens vom Unfallort in aller Regel durch soziale Fehlhaltungen bedingt sei und einen Mangel an Verantwortungsbewusstsein sowie zugleich eine hohe Risikobereitschaft erkennen lasse.

Vor diesem Hintergrund sucht die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes nach. Sie vertritt, gestützt auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27.7.2006 (Az.: 1 W 33/06) die Ansicht, dass ihr einmaliger Verstoß gegen die Strafvorschrift des § 142 StGB ohne erschwerende Umstände aufgrund des Zeitablaufs bzw. der endenden Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis keine Zweifel an ihrer Fahreignung (mehr) begründe, die die Anforderung einer MPU rechtfertigen könnten. Ausschlaggebend sei insoweit, dass der monatelange Verzicht auf die Fahrerlaubnis ihr das Unrecht ihrer Tat mehr als verdeutlicht habe und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erhebliche positive Auswirkungen auf ihr künftiges Verhalten im Straßenverkehr haben werde. Hierzu müsse auch gesehen werden, dass es für sie trotz der relativ kurzen Fahrstrecke von ihrem Wohnort D… bis zu ihrer Arbeitsstelle in E… (einfacher Weg mit dem Auto: 28 km) schwierig sei, diesen Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie zum Teil zu Fuß zu bewältigen, und sie deshalb arbeitstäglich insgesamt etwa 3,5 Stunden unterwegs sei. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin auch keine konkreten Zweifel an ihrer Fahreignung geltend gemacht, sondern gehe in ständiger behördlicher Übung davon aus, dass im Falle einer Verurteilung wegen Unfallflucht und einer darauf beruhenden Entziehung der Fahrerlaubnis grundsätzlich auch nach Ablauf der verhängten Sperrfrist Bedenken an der Fahreignung des Delinquenten bestünden. Diese Verfahrensweise sei rechtswidrig und das Ermessen der Antragsgegnerin auf Neuerteilung der beantragten Fahrerlaubnis im Übrigen derart verdichtet, dass diese im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten sei, die begehrte Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist zu erteilen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr nach Ablauf der Sperrfrist am 29.5.2009 eine Fahrerlaubnis der Klassen B und C1 zu erteilen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, der Antragstellerin sei keine Aufforderung zur Beibringung einer MPU zugegangen; vielmehr sei deren Prozessbevollmächtigten lediglich die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin mitgeteilt worden, wonach im vorliegenden Falle die Erstellung einer MPU in Betracht kommen könne. Die Ermittlungen dazu, ob eine MPU gefordert werde oder nicht, seien zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, da man die entsprechenden Strafakten noch nicht habe einsehen können und weitere Ermittlungen noch nicht geführt worden seien, zumal noch geraume Zeit verbleibe, bevor überhaupt eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis in Betracht komme. Zum jetzigen Zeitpunkt sei daher weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige An...

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