Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuweisung eines Ausländers in eine Aufnahmeeinrichtung. Berücksichtigung familiärer Gründe bei der Verteilungsentscheidung im Falle des gerichtlich angeordneten Ruhens des Sorgerechts

 

Normenkette

BGB § 1674 Abs. 1-2, §§ 1675, 1684 Abs. 1; VwGO § 80 Abs. 5; AufenthG § 3 Abs. 1, §§ 4, 12 Abs. 5 Sätze 1-2, § 14 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 15a Abs. 1 Sätze 1, 6, Abs. 3 S. 1, Abs. 4-5

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Gründe

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 1807/08 erhobenen Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.11.2008 ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da gegen die in dem angefochtenen Bescheid getroffene Anordnung nach § 15 a Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wonach sich die Antragstellerin unverzüglich zu der für das Bundesland Nordrhein-Westfalen zuständigen Aufnahmeeinrichtung in Dortmund zu begeben hat, kein Widerspruch stattfindet und die Klage keine aufschiebende Wirkung hat (§§ 15a Abs. 4 Satz 7 und Satz 8 AufenthG, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Der auch im Übrigen zulässige Antrag bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Ein Antrag auf Anordnung der kraft Gesetzes ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zurückzuweisen, wenn das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes gegenüber den schutzwürdigen Belangen des Betroffenen vorrangig ist, wobei ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug allgemein dann angenommen wird, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung erkennen lässt, dass der angegriffene Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Dies ist vorliegend der Fall, da die in dem Bescheid vom 19.11.2008 gegenüber der Antragstellerin verfügte Anordnung, sich unverzüglich zu der für das Bundesland Nordrhein-Westfalen zuständigen Aufnahmeeinrichtung in Dortmund zu begeben, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet mit der Folge, dass das Interesse der Antragstellerin an einem vorläufigen weiteren Verbleib im Saarland hinter dem öffentlichen Interesse an einem umgehenden Vollzug der Verteilungsentscheidung gemäß § 15 a AufenthG zurückzutreten hat.

Nach der Vorschrift des § 15 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG werden unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben werden oder zurückgeschoben werden können, vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Gemäß § 15 a Abs. 3 Satz 1 AufenthG wird von der zentralen Verteilungsstelle die zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung bestimmt. Sofern das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote erfüllt hat, ordnet diese Behörde gemäß § 15 a Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 AufenthG an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat.

Die hiernach geforderten Voraussetzungen für die in Rede stehende Verteilungsentscheidung sind vorliegend erfüllt. Die Antragstellerin ist im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist, weil sie bei ihrer Einreise weder im Besitz eines gültigen Passes (§ 3 Abs. 1 AufenthG) noch des erforderlichen Aufenthaltstitels (§ 4 AufenthG) war. Auch steht der Anordnung, sich unverzüglich zu der für das Bundesland Nordrhein-Westfalen zuständigen Aufnahmeeinrichtung in Dortmund zu begeben, nicht die Vorschrift des § 15 a Abs. 1 Satz 6 AufenthG entgegen. Danach ist, soweit der Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nachweist, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, dem bei der Verteilung Rechnung zu tragen. Eine Haushaltsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und ihrem am 05.05.1997 geborenen minderjährigen Sohn besteht unzweifelhaft nicht, da ihr Sohn sich gegenwärtig in einem Heim befindet und unter der Vormundschaft des Jugendamtes des Regionalverbandes A-Stadt steht. Die Antragstellerin hat aber auch keine sonstigen zwingenden Gründe nach § 15 a Abs. 1 Satz 6 AufenthG vor der Veranlassung der Verteilung nachgewiesen, die einer Verteilung nach Nordrhein-Westfalen entgegenstehen würden. Insbesondere vermag ihr Hinweis auf das bestehende Sorgerecht für ihren Sohn das Vorliegen eines “sonstigen zwingenden Grundes” i. S. v. § 15 a Abs. 1 Satz 6 AufenthG nicht zu rechtfertigen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass das Amtsgericht A-Stadt – Familiengericht – mit Beschluss vom 23.06.2008 – 40 F 191/08 SO – das Ruhen der elterlichen Sorge der Antragstellerin gemäß § 1674 Abs. 1 BGB festgestellt hat. Dies hat gemäß § 1675 BGB zur Folge, dass die Antragstellerin, solange die elterliche Sorge ruht, nicht berechtigt ist, diese auszuüben. Zwar lässt das ...

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