Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbeachtlichkeit eines Anhörungsfehlers bei zwingender Ausweisung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Fehlen einer nach § 28 VwVfG vorgeschriebenen Anhörung ist bei einer zwingenden Ausweisung nach § 53 AufenthG gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen für eine Verhältnismäßigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK nicht vorliegen.
2. Die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG bei rechtzeitiger Stellung eines Verlängerungsantrags erfüllt nicht die Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes i. S. des § 56 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
Normenkette
EMRK Art. 8; VwGO § 80; VwVfG §§ 28, 46; AufenthG §§ 7, 53, 56 Abs. 1, § 81; AsylVfG § 42 S. 1
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 23.05.2008 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 02.05.2008, mit der er unter Anordnung des Sofortvollzugs aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen worden ist und ihm die Abschiebung nach Afghanistan angedroht worden ist.
I.
Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und wurde 1979 in Kabul geboren. Im Jahr 1990 reiste er mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte die Anerkennung als Asylberechtigter. Nach erfolglosem Abschluss des Asylverfahrens wurde ihm am 08.10.1993 eine befristete Aufenthaltsbefugnis erteilt. Diese wurde nachfolgend immer wieder verlängert, letztmalig am 02.06.1999 bis zum 05.06.2000. Mit Urteil des Amtgerichts Merzig vom 07.04.1998 wurde der Antragsteller wegen Nötigung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verwarnt und ihm die Auflage erteilt binnen 5 Monaten eine Geldbuße von 500,-- DM zugunsten der Freiwilligen Feuerwehr Saarhölzbach abzuleisten. Am 14.01.2000 verurteilte das Amtsgericht A-Stadt den Antragsteller wegen unerlaubter Einfuhr von Haschisch und Handeltreiben mit Haschisch in nicht geringen Mengen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 25.07.2000 wurde die Strafe in eine Verurteilung wegen Gefangenenmeuterei in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung einbezogen und gegen den Antragsteller eine Jugendstrafe von 3 Jahre und 9 Monaten verhängt. Die bis dahin nicht verbüßte Reststrafe wurde am 07.01.2002 zur Bewährung ausgesetzt und mit Wirkung vom 05.04.2005 erlassen.
Der Antragsteller heiratete am 04.07.2000 die deutsche Staatsangehörige. Die Ehe wurde am 17.09.2001 wieder geschieden. Unter dem 17.08.2001 beantragte der Antragsteller bei der Ausländerbehörde des Landkreises Merzig-Wadern die Verlängerung seiner Aufenthaltsbefugnis. Mit Schreiben vom 07.01.2002 teilte ihm die Ausländerbehörde mit, dass die Möglichkeit einer Ausweisung und Abschiebung nach Afghanistan geprüft werde und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Antragsteller beantragte unter dem 25.01.2002 die Erteilung einer Duldung. Nachfolgend wurde dem Antragsteller eine Bescheinigung über die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung erteilt, die letztmalig bis zum 31.12.2002 verlängert wurde. Am 18.12.2002 wurde dem Antragsteller auf erneuten Antrag eine Duldung erteilt. Die Ausländerbehörde des Landkreises Merzig-Wadern erteilte dem Antragsteller am 06.05.2003 eine bis zum 30.04.2005 befristete Aufenthaltsbefugnis. Auf Grund seines Verlängerungsantrages vom 15.04.2005 wurde dem Antragsteller am 18.04.2005 eine bis zum 14.10.2005 befristete Fiktionsbescheinigung ausgestellt.
Auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts Merzig vom 06.11.2005 wurde der Antragsteller in Untersuchungshaft genommen und am 23.05.2006 vom Landgericht A-Stadt wegen gemeinschaftlichen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.
Mit Schreiben vom 31.03.2008 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, ihn aus der Bundesrepublik Deutschland auszuweisen und ihn in sein Heimatland zurückzuführen, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.04.2008. Die Anträge der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers in den Schriftsätzen vom 04.04., 14.04. und 30.04.2008 auf Akteneinsicht ließ der Antragsgegner unbeantwortet. Unter dem 02.05.2008 erließ der Antragsgegner den streitgegenständlichen Bescheid, mit dem der Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzuges gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG dauernd aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und ihm die Abschiebung nach Afghanistan angedroht wird. Zur Begründung wird auf seine strafrechtlichen Verurteilungen verwiesen. Gegen den Bescheid hat der Antragsteller am 23.05.2008 Widerspruch erhoben.
Am 23.05.2008 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Er beruft sich darauf, dass der Bescheid unter Verstoß gegen § 28 SVwVfG zustande gekommen sei. Die Voraussetzungen für die Anordnung des Sofortvollzuges lägen nicht vor. Außerdem ve...