Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschiebungsschutz aus Art. 6 GG. nichtehelicher Vater. Risikoschwangerschaft. Verdrängung einwanderungspolitischer Belange zugunsten einer Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 1-2, 4; AufenthG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Tenor
I. Dem Antragsgegner wird einstweilen untersagt, den Antragsteller nach Vietnam abzuschieben.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig und begründet.
I.
Den Antrag,
„den Antragsgegner zu verpflichten, vorl. von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen den Antragsteller Abstand zu nehmen”,
hilfsweise,
- „den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller eine Duldung gem. § 60 a AufenthG zu erteilen;
- den Antragsgegner zu verpflichten, das Abschiebehaftgesuch zurückzunehmen.”
versteht die Kammer dahingehend (§ 88 VwGO), dass der Antragsteller im Hauptantrag (lediglich) vorläufigen Schutz vor einer Abschiebung in sein Heimatland und nicht (wie im Hilfsantrag zu 1.) bereits die ausdrückliche Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer Duldung begehrt.
vgl. auch Beschlüsse der Kammer vom 22.10.2007 – 11 L 1148/07 – und 09.08.2004 – 11 F 20/04 –
Daher kann auch dahinstehen, ob sich der Antragsteller von vornherein auf eine einstweilige Anordnung lediglich des Inhalts, den Antragsgegner zu verpflichten, von der Abschiebung einstweilen abzusehen, verweisen lassen müsste,
so Hess. VGH, Beschluss vom 18.02.1993 – 13 TG 2743/92 –, NVwZ-RR 1993, 666; vgl. auch Sächs. OVG, Beschluss vom 20.10.2004 – 3 BS 285/04 –, m.w.N. (juris)
oder darüber hinaus – unter nur ausnahmsweise zulässiger und zumindest teilweiser diesbezüglicher Vorwegnahme der Hauptsache – zugleich einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung (wie in seinem Hilfsantrag zu 1.) oder gar einer Aufenthaltserlaubnis geltend machen könnte.
so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.05.2000 – 13 S 2456/99 –, InfAuslR 2000, 395, m.w.N.
Demnach ist vorliegend allein darüber zu entscheiden, ob dem Antragsteller ein Abschiebungshindernis zur Seite steht. Hiervon unbeschadet dürfte der Antragsgegner bereits von Amts wegen auf den dem Antragsteller zukommenden Abschiebungsschutz nunmehr entsprechend zu reagieren und unter angemessener Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK über dessen am 18.01.2008 gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu entscheiden haben.
Der Hauptantrag ist auch im Übrigen statthaft und zulässig.
Entscheidungsgründe
II.
Dieser Hauptantrag ist auch begründet.
1. Der erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners bereits daraus, dass der Antragsgegner nach Aktenlage die zeitnahe Abschiebung des – unanfechtbar ausreisepflichtigen – Antragstellers mit Nachdruck betreibt. So hat der Antragsgegner schon am 05.12.2007 die Verhängung von Abschiebungshaft gegen den Antragsteller erwirkt. Insbesondere ist nach dem eigenen Vortrag des Antragsgegners in seinem Schriftsatz vom 07.02.2008 der Antragsteller am 23.01.2008 den vietnamesischen Behörden vorgeführt und von der vietnamesischen Vertretung eine Rückübernahme zugesichert und ein Passersatzdokument ausgestellt worden; die Abschiebung des Antragstellers ist nach dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 14.02.2008 bereits am 10.03.2008 möglich. Unter diesen Umständen kann eine demnächst bevorstehende Abschiebung des Antragstellers aber nicht (mehr) ausgeschlossen werden, so dass ein Anordnungsgrund zu bejahen ist.
2. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Der Antragsgegner ist – bei der im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung – aufgrund von sich aus Art. 6 iV.m. Art. 2 Abs. 2 und 1 Abs. 1 GG im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebenden Schutzwirkungen zu Gunsten des Antragstellers nach gegenwärtigem Sachstand derzeit gehindert, diesen nach Vietnam abzuschieben (so dass im Übrigen auch zumindest eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne des § 60 a Abs. 2 AufenthG vorliegen dürfte). Das ergibt sich aus Folgendem:
a) In tatsächlicher Hinsicht ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass der nach erfolglosem Asylverfahren bereits seit Ende 2003 unanfechtbar ausreisepflichtige und zwischenzeitlich untergetaucht gewesene Antragsteller mit der vietnamesischen Staatsangehörigen N. seit etwa Mitte August 2007 (wieder) eine Beziehung führt. Am 05.12.2007 wurde der Antragsteller in Abschiebehaft genommen. Weiter ist davon auszugehen, dass Frau N. aus einer früheren Beziehung mit einem deutschen Staatsangehörigen eine Anfang 2007 geborene Tochter deutscher Staatsangehörigkeit hat; sie verfügt deshalb über eine Aufenthaltserlaubnis (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). Nunmehr erwartet Frau N. von dem Antragsteller ein Kind; berech...