Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Beteiligungsfähigkeit des Ortsrates als Rechtsmittelführer gegen eine Baugenehmigung
Leitsatz (amtlich)
Dem Ortsrat fehlt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen eine Baugenehmigung die Beteiligungsfähigkeit (§ 61 VwGO).
Normenkette
VwGO § 61; KSVG § 73; BauGB § 36
Tenor
Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der zuletzt gestellte Antrag,
die Vollziehung ≪der Teilbaugenehmigung „Neubaubau eines Fangzaunes vom 21.12.2007” /≫ gemäß § 80 a Abs. 4 VwGO auszusetzen,
ist ebenso wie der zuvor gestellte,
das Gericht möge feststellen, dass der Widerspruch der Antragstellerin vom 17.01.2008 gegen die Teilbaugenehmigung „Neubaubau eines Fangzaunes vom 21.12.2007” aufschiebende Wirkung hat,
unzulässig.
Der Antragsteller ist in der vorliegenden Verfahrenskonstellation, in der es um die Anfechtung einer Baugenehmigung geht, schon nicht im Verständnis von § 61 VwGO fähig, am verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Drittanfechtung dieser Baugenehmigung beteiligt zu sein. Nach dieser Vorschrift sind dazu nur fähig
- natürliche und juristische Personen,
- Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
- Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
Der antragstellende Ortsrat fällt nicht darunter. Der Ortsrat ist weder eine natürliche noch eine (eigenständige) juristische Person (mit eigener) Rechtspersönlichkeit eine Vereinigung im Verständnis der Nummer 2 noch eine Behörde, die nach Landesrecht – hier: § 19 Abs. 1 AGWwGO – ermächtigt ist, in eigenem Namen Verwaltungsprozesse gegen einem Dritten erteilte Verwaltungsakte (hier: Baugenehmigung) zu führen. Behörde ist nach § 1 Abs. 4 SVwVfG jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Der Ortsrat nimmt im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens indes keine originären oder abgeleiteten Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Vielmehr werden die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung der Gemeinde von der Gemeinde selbst bzw. vom Bürgermeister wahrgenommen.
Es kann dahinstehen ob in Fällen, in denen die Gemeindeordnung den Ortsräten Angelegenheiten zur eigenen Erledigung übertragen hat (§ 73 Abs. 3, 4 KSVG) diese Verwaltungstätigkeiten ausüben und insoweit als Behörde anzusehen sind. Im Verhältnis zum Antragsgegner und zum Beigeladenen kann dem Ortsrat hier indes kein eigenes Recht zustehen. Der Ortsrat ist nach den einschlägigen Bestimmungen des BauGB (§ 36) und der LBO (§§ 70, 72) im Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung von der Bauaufsichtsbehörde nicht zu beteiligen. Diese hat in Bezug auf den Aufgabenbereich des Ortsrates allein „die Gemeinde” zu beteiligen und sich nicht darum zu kümmern, wer im Bereich der Gemeinde intern zuständig oder zu beteiligen ist.
Die rechtliche Stellung des Ortsrates ist in der Gemeindeordnung des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes in den §§ 70 bis 77 geregelt. Nach § 70 Abs. 1 KSVG kann das Gebiet einer durch Satzung in Gemeindebezirke (Stadtteile, Ortsteile) eingeteilt werden, wobei für jeden Gemeindebezirk ein Ortsrat zu bilden ist (§ 71 Abs. 1 KSVG). Dessen Aufgabenbereich ist in § 73 KSVG wie folgt definiert:
(1) Der Ortsrat kann zu allen den Gemeindebezirk betreffenden Angelegenheiten Anträge einreichen und Vorschläge unterbreiten. Soweit die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister nicht selbst zuständig ist, hat sie oder er die Anträge und die Vorschläge des Ortsrats dem Gemeinderat oder dem zuständigen Ausschuss zur Entscheidung oder Beratung vorzulegen. Über die Entscheidung oder das Ergebnis der Beratung des Gemeinderats oder des Ausschusses ist der Ortsrat zu unterrichten.
(2) Der Ortsrat ist in allen wichtigen Angelegenheiten, die den Gemeindebezirk betreffen, ausgenommen in den Fällen des § 41 Abs. 3 Satz 4 und Abs. 5, vor der Beschlussfassung des Gemeinderats oder seiner Ausschüsse zu hören. Dies gilt insbesondere in folgenden Angelegenheiten:
- Planung von Investitionsvorhaben im Gemeindebezirk,
- Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung des Flächennutzungsplans sowie von Satzungen nach dem Baugesetzbuch, soweit sie sich auf den Gemeindebezirk beziehen,
- Aufstellung des Haushaltsplans, soweit es sich um Ansätze für den Gemeindebezirk handelt,
- Planung, Errichtung, Übernahme, wesentliche Änderungen und Aufhebungen von öffentlichen Einrichtungen im Gemeindebezirk,
- Ausbau und Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen im Gemeindebezirk,
- Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen der Gemeinde im Gemeindebezirk,
- Änderung der Grenzen des Gemeindebezirks,
- Wahl, Benennung oder Vorschlag der für den Gemeindebezirk zuständigen ehrenamtlich tätigen Personen, soweit nicht der Ortsrat nach Absatz 3 Satz 3 Nr. 10 selbst entscheidet.
Darüber hinaus soll der Ortsrat zu denjenigen Fragen Stellung nehmen, die ihm vom Gemeinderat, einem Ausschuss oder von der Bürgermeisterin oder vom Bürgermeister vorgelegt werden.
(3) Soweit nicht n...