Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrecht eines Ortsrates bei Vorliegen einer wichtigen Angelegenheit (hier: Herstellung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB)
Leitsatz (amtlich)
Die Herstellung des Einvernehmens der Gemeinde nach § 36 BauGB kann im Einzelfall – d.h. vorhabenbezogen – eine wichtige Angelegenheit i.S.d. § 73 Abs. 2 Satz 1 KSVG sein, so dass der Ortsrat vor der Beschlussfassung zu hören ist.
Normenkette
BauGB § 36 Abs. 1; KSVG § 41 Abs. 3 S. 4, Abs. 5, §§ 72, 73 Abs. 2 S. 1
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Kläger durch den Beschluss des Beklagten vom 20.12.2007 hinsichtlich des “Tagesordnungspunktes Neubau eines Fangzaunes im Bereich des Leinpfades entlang der Saarschleife” in seinem gesetzlichen Anhörungsrecht nach § 73 Abs. 2 Satz 1 KSVG verletzt worden ist.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Landesbetrieb für Straßenbau hatte mit Schreiben vom 08.11.2007 bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Merzig-Wadern einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Fangzaunes im Bereich des Leinpfades entlang der Saarschleife zwischen Staustufe Mettlach und Haus B… beantragt.
Daraufhin wurde die Gemeinde Mettlach von der Unteren Bauaufsichtsbehörde unter dem 28.11.2007 angeschrieben und um Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB zum Bauantrag gebeten. In der zunächst anberaumten Sitzung des Beklagten vom 11.12.2007 wurde die Beschlussfassung über die Angelegenheit wegen weiteren Beratungsbedarfes auf den 22.01.2008 vertagt. Unter Hinweis auf die besondere Dringlichkeit einer Entscheidung seitens der Unteren Bauaufsichtsbehörde wurde mit Schreiben vom 13.12.2007 seitens der Gemeinde Mettlach zu einer am 20.12.2007 stattfindenden Sitzung des Gemeinderates mit dem einzigen Tagesordnungspunkt “Neubau eines Fangzaunes im Bereich des Leinpfads entlang der Saarschleife; hier Herstellung des Einvernehmens gemäß § 36 BauGB zum vorliegenden Antrag des Landesbetriebes für Straßenbau” geladen. In der Sitzung vom 20.12.2007 beschloss der Gemeinderat bei 14 Ja-Stimmen und 12 Nein-Stimmen das Einvernehmen gemäß § 36 BauGB zu der vom Landesbetrieb für Straßenbau zu errichtenden Schutzzaunanlage zu erteilen. Eine Anhörung des Klägers vor dieser Beschlussfassung fand nicht statt. Ausweislich der Niederschrift über das Ergebnis der Sitzung des Gemeinderats vom 20.12.2007 erhielt der Ortsvorsteher des Ortsrates Orscholz in dieser Sitzung mehrfach Gelegenheit zur Stellungnahme, wobei er die fehlende und rechtzeitige Beteiligung des Ortsrates Orscholz in dieser für Orscholz wichtigen Angelegenheit rügte.
Am 21.12.2007 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
Er ist der Auffassung, er sei in seinem gesetzlichen Anhörungsrecht nach § 73 Abs. 2 Satz 1 KSVG verletzt worden, da keine förmliche Anhörung erfolgt sei. Im vorliegenden Fall handele es sich um eine wichtige Angelegenheit im Sinne der Norm. Der Gemeindebezirk Orscholz sei durch die in Rede stehende Baumaßnahme in besonderem Maße betroffen und in seinen Sonderinteressen berührt, da die Errichtung des Fangzaunes entlang des am Gemeindebezirk Orscholz gelegenen Rad- und Wanderweges an der Saarschleife erfolge und daneben auch naturschutzrechtliche und landschaftsschutzrechtliche Belange des Naturschutzgebietes “Saar-Steilhänge/Lutwinuswald” und des Landschaftsschutzgebietes “Saarschleife und Goldbachtal” betroffen seien. Die Anhörung des Ortsvorstehers im Rahmen der Gemeinderatssitzung am 20.12.2007 stelle keine den Erfordernissen des § 72 KSVG entsprechende Anhörung dar. Darüber hinaus liege auch kein, eine Anhörung ausnahmsweise erübrigender, Fall des § 73 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 41 Abs. 3 Satz 4 bzw. § 41 Abs. 5 KSVG vor, da es sich bei der Sitzung vom 20.12.2007 nicht um eine Dringlichkeitssitzung gehandelt habe.
Nachdem der Kläger ursprünglich beantragt hatte,
festzustellen, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 20.12.2007 zu dem Tagesordnungspunkt Neubau eines Fangzaunes im Bereich des Leinpfades entlang der Saarschleife mit Beschlussfassung für den Neubau eines Fangzaunes im Bereich des Leinpfades entlang der Saarschleife rechtswidrig bzw. nichtig ist und ihn in seinen Rechten verletzt,
beantragt er schriftsätzlich nunmehr,
festzustellen, dass der Beklagte ihn durch den Gemeinderatsbeschluss vom 20.12.2007 zu dem Tagesordnungspunkt Neubau eines Fangzaunes im Bereich des Leinpfades entlang der Saarschleife in seinem organschaftlichen Anhörungsrecht verletzt hat.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, im konkreten Einzelfall sei die Anhörung des Ortsrates bereits deshalb entbehrlich gewesen, weil der Gemeinderat in der Sitzung vom 20.12.2007 ...