Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund posttraumatischer Belastungsstörungen. sachliche Zuständigkeit einer Behörde für die Feststellung eines Aufenthaltsverbotes. Nichtbestehen eines Wahlrechtes zwischen asylrechtlichem und ausländerrechtlichem Schutz
Normenkette
AufenthG § 25 Abs. 3 S. 1, § 60 Abs. 7 S. 1; AsylVfG § 13 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger reiste als Bürgerkriegsflüchtling aus Bosnien und Herzegowina erstmals 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein und hielt sich hier in der Folgezeit geduldet bis zu seiner Wiederausreise im Jahr 1997 auf.
Am 04.06.2006 reiste der Kläger mit einem vom 01.06. bis 30.06.2006 gültigen Besuchsvisum erneut in das Bundesgebiet ein und beantragte mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 30.06.2006 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Zur Begründung führte er unter Hinweis auf eine ärztliche Bescheinigung der Neuropsychiatrischen Ambulanz des Krankenhauses in Bosanska Dubika vom 24.12.2005 an, er leide an einer schweren psychischen Erkrankung, welche in Bosnien und Herzegowina nicht adäquat behandelt werden könne.
Am 25.07.2006 reichte der Kläger ein psychologisches Attest der Diplom-Psychologin B. Sch. von der Beratungsstelle Therapie Interkulturell e.V. vom 20.07.2006 zu den Behördenakten, ausweislich dessen er unter einer ausgeprägten posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10, F 43.1) leide. Der Kläger sei Opfer einer ganzen Serie traumatischer Ereignisse gewesen und leide nun unter der typischen Symptomatik dieser Erkrankung. Der im Krieg erlittenen Traumatisierung sei durch die Erlebnisse nach der Rückkehr nach Bosnien eine Retraumatisierung gefolgt, einhergehend mit schweren Panikattacken. Erforderlich sei eine sofortige psychotherapeutische Behandlung in einem gesicherten äußeren Rahmen. Die Möglichkeit einer Rückkehr nach Bosnien müsse zurzeit ausgeschlossen werden, da in diesem Falle eine erneute Retraumatisierung drohe. Allein die Konfrontation mit der traumainduzierenden Situation könne eine solche Retraumatisierung auslösen, die das Krankheitsbild noch verschlimmere und die Heilungschancen verringere, zumal eine adäquate Behandlung der Störung in Bosnien derzeit nicht gewährleistet sei.
In der daraufhin von der Beklagten eingeholten Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Stadtverbandes A-Stadt zur Zumutbarkeit einer Rückkehr des Klägers nach Bosnien und Herzegowina vom 28.09.2006 wurde die Diagnose einer dringend behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung bestätigt und weiter dargelegt, dass der Kläger unter massiven Angst- und Panikstörungen mit Schlafstörungen, Unruhezuständen und multiplen körperlichen Beschwerden leide. Diese Ängste seien zum Teil sehr realistisch begründet durch Drohungen seiner eigenen Landsleute in den letzten Jahren, nachdem er im Krieg unfreiwillig auf Seiten der Kroaten habe kämpfen müssen. Hinzu kämen deutliche psychopathologische Auffälligkeiten, die von Seiten des zusätzlich eingeholten nervenärztlichen Gutachtens den Verdacht auf eine zusätzliche paranoide Psychose begründeten. Unter diesen Gegebenheiten sei eine möglichst schnelle nervenärztliche und medikamentöse Behandlung dringend notwendig. Die bisher im Heimatland erfolgte ambulante nervenärztliche und medikamentöse Behandlung des Klägers sei nicht ausreichend gewesen. Abschließend wurde festgestellt, dass dem Kläger nach den Erfahrungen der Vergangenheit und im Hinblick auf die zusätzlich bestehende posttraumatische Belastungsstörung mit der erlebten fortbestehenden Bedrohung durch serbische Landsleute eine Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina aus amtsärztlicher Sicht unter keinen Umständen zugemutet werden könne.
Mit Schreiben vom 12.10.2006 bat die Beklagte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Rahmen des § 72 Abs. 2 AufenthG um Stellungnahme, ob im Fall des Klägers ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliege.
Mit Schreiben vom 05.12.2006 und 29.01.2007 legte der Kläger zwei weitere fachärztliche Bescheinigungen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. med. K. M. vom 30.11.2006 und 22.01.2007 vor, in denen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung erneut Bestätigung findet, und denen weiter zu entnehmen ist, dass der Kläger nach seiner im Jahr 1997 erfolgten Rückkehr nach Bosnien Anfeindungen und Drohungen ausgesetzt gewesen sei, die die Beschwerden so verstärkt hätten, dass er wieder nach Deutschland gekommen sei. Es bestehe derzeit eine akute Symptomatik mit starker Depression, starker Affektlabilität, erheblichen Än...