Entscheidungsstichwort (Thema)
Drohende gesundheitliche Beeinträchtigungen im Falle der Abschiebung. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Wege einer Untätigkeitsklage
Normenkette
AufenthG § 25 Abs. 3 Sätze 1-2, § 60 Abs. 7 S. 1
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2007 verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG zu erteilen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger reiste als Bürgerkriegsflüchtling aus Bosnien-Herzegowina 1993 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und hielt sich hier in der Folgezeit bis zu seiner Wiederausreise im Jahr 1998 auf.
Am 10.10.2006 reiste der Kläger mit einem von der Deutschen Botschaft in Sarajewo ausgestellten, vom 24.09. bis 23.10.2006 gültigen Besuchervisum erneut in das Bundesgebiet ein und beantragte mit an die bisherige Ausländerbehörde des Landkreises A-Stadt gerichtetem Schreiben vom 19.10.2006 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 AufenthG. Zur Begründung führte er unter Hinweis auf entsprechende Bescheinigungen der Abteilung für Neuropsychiatrie des Kantonalkrankenhauses in Bihac an, er sei schwer psychisch erkrankt. In Bosnien und Herzegowina sei lediglich eine medikamentöse Behandlung der als posttraumatische Belastungsstörung diagnostizierten Erkrankung erfolgt. Die von ihm dringend benötigte psychotherapeutische Behandlung sei dort nicht gewährleistet. Da im Falle einer zwangsweisen Rückführung die konkrete Gefahr einer wesentlichen, ggf. lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bestehe, sei ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG festzustellen.
Am 07.11.2006 reichte der Kläger ein ärztliches Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. med. Dipl.-Psych. S. B. vom 30.10.2006 zu den Behördenakten, ausweislich dessen er in seiner nervenärztlichen/psychotherapeutischen Behandlung stehe. Wegen der im Alter von acht Jahren miterlebten unerträglichen Grausamkeiten des Krieges in Bosnien sei er schon früher in Behandlung gewesen. An Symptomen habe er Angst, Albträume, Schlafstörungen, Unsicherheit, Schwitzen, sozial phobische Züge, Rückzugsverhalten sowie Verdrängungsmechanismen geboten. In Bosnien sei er in angemessener Dosierung antidepressiv behandelt worden. Eine in seiner Heimat nicht mögliche psychotherapeutische Aufarbeitung sei indiziert und unabdingbar.
In dem vom Kläger weiter vorgelegten psychologischen Attest der Dipl.-Psych. B. Sch. von der Therapie Interkulturell e. V. vom 06.11.2006 wurde dargelegt, dass er unter einer ausgeprägten posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 nach ICD-10) leide. Der Kläger sei Opfer einer Serie traumatischer Ereignisse gewesen, die er als Kind habe miterleben müssen und viele Jahre lang für sich behalten habe, und leide nun unter der typischen Symptomatik dieser Erkrankung (chronische Übererregung, Erinnerungsdruck, Vermeidungsverhalten; entsprechende körperliche Symptomatik). Der im Krieg erlittenen Traumatisierung sei durch die Erlebnisse nach der Rückkehr nach Bosnien eine Retraumatisierung gefolgt. Erforderlich sei eine sofortige psychotherapeutische Behandlung in einem gesicherten äußeren Rahmen. Die Möglichkeit einer Rückkehr nach Bosnien müsse zur Zeit ausgeschlossen werden, da in diesem Falle eine erneute Retraumatisierung drohe. Allein die Konfrontation mit der traumainduzierenden Situation (Plätze, Menschen, andere Reize) könne eine solche Retraumatisierung auslösen, die das Krankheitsbild noch verschlimmere und die Heilungschancen verringere. Eine adäquate Behandlung der Störung in Bosnien sei derzeit nicht gewährleistet.
In der daraufhin zur Schwere der Erkrankung des Klägers eingeholten Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Landkreises A-Stadt vom 16.11.2006 wurde die posttraumatische Belastungsstörung sowie die psychotherapeutische Behandlungsbedürftigkeit des Klägers amtsärztlicherseits bestätigt.
Im Rahmen seiner Beteiligung gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Ausländerbehörde des Landkreises A-Stadt unter dem 21.12.2006 mit, dass es an einer nachvollziehbaren Darlegung einer posttraumatischen Belastungsstörung im Fall des Klägers fehle. Von daher könne dahinstehen, ob eine solche Erkrankung im Heimatland des Klägers behandelbar sei und dieser dort Zugang zu den erforderlichen Medikamenten hätte. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG komme wegen Darlegungsmängel nicht in Betracht.
In einer weiteren Stellungnahme nach § 72 Abs. 2 AufenthG vom 20.02.2007 wies das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ergänzend darauf hin, dass unabhängig von der Frage einer nachvol...