Entscheidungsstichwort (Thema)
Baugenehmigung für eine Wohnhausaufstockung. Nachbarschutz
Leitsatz (amtlich)
Wird in einem durch eine offene Bauweise geprägten Baugebiet die Aufstockung eines grenzständigen Gebäudes, das derzeit die gleiche Dachhöhe wie das ebenfalls grenzständig errichtete Nachbargebäude aufweist, genehmigt, so verstößt die Baugenehmigung gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO und ist deshalb auf die Klage des Nachbarn aufzuheben. Dem steht nicht entgegen, dass die Aufstockung auf Grund des Inkrafttretens der geänderten Fassung der Landesbauordnung vom 18.02.2004 gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 LBO bauordnungsrechtlich zulässig ist.
Normenkette
BauNVO § 22 Abs. 2 S. 1; LBO § 7 Abs. 1 S. 3
Tenor
Die Baugenehmigung vom 21.01.2005 (Az. K 613-616-2004-03) und der Widerspruchsbescheid vom 18.05.2005 (Az. 31/2005) werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine Wohnhausaufstockung.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks A-Straße, Parzelle Nr. …/127 in A-Stadt, Gemarkung N., Flur 03, das mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebaut ist. Auf dem östlich angrenzenden Grundstück I. 7, Parzelle Nr. …/128 ist an das grenzständige Wohnhaus der Kläger ein ebenfalls eingeschossiges Wohnhaus angebaut. Dieses Wohnhaus beabsichtigen die Beigeladenen durch die Errichtung eines weiteren Geschosses aufzustocken. Nach den Planvorlagen soll das vorhandene Gebäude um ca. 2,50 m erhöht werden. Beide Grundstücke liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Der früher für das betreffende Gebiet vorhandene Baulinien- und Bebauungsplan „A. A. Weg” vom 04.04.1956 wurde nicht übergeleitet.
Die Beigeladenen beantragten mit Antrag vom 21.10.2004 im vereinfachten Verfahren die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Wohnhausaufstockung. Die Stadt A-Stadt stellte mit Schreiben vom 12.01.2005 das Einvernehmen nach § 36 BauGB zu dem Vorhaben her. Mit Bescheid vom 21.01.2005 wurde den Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung erteilt. Die Baugenehmigung wurde den Klägern mit Schreiben vom 21.01.2005 übersandt.
Die Kläger erhoben gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung am 04.02.2005 beim Beklagten Widerspruch. Zur Begründung machten sie geltend, das Bauvorhaben sei gemäß § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch unzulässig und verstoße gegen das Verbot der Rücksichtsnahme. Das geplante Bauvorhaben füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Im betroffenen Wohngebiet bestehe überwiegend eingeschossige Bauweise mit jeweils einheitlicher Firsthöhe. Die geplante Aufstockung führe dazu, dass das Hausanwesen I. 7 zweigeschossig wäre, was in keiner Weise dem Charakter der näheren Umgebung entspreche. Ihr Haus und das Hausanwesen I. 7 seien aneinander gebaut. Durch die Aufstockung werde das Hausanwesen I. 7 erheblich größer. Ihr angebautes Haus werde bei Durchführung des Bauvorhabens nicht nur optisch erschlagen, sondern erleide auch einen ganz erheblichen Wertverlust, wobei von einer Größenordnung von 20.000,00 bis 25.000,00 EUR auszugehen sei.
Der Kreisrechtsausschuss beim Saarpfalz-Kreis wies den Widerspruch der Kläger aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2005 zurück. In dem Widerspruchsbescheid ist ausgeführt, das Vorhaben der Beigeladenen sei im vereinfachten Verfahren genehmigt worden, in dem lediglich die Zulässigkeit des Vorhabens nach den Vorschriften des Baugesetzbuches und sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften außerhalb des Bauordnungsrechts geprüft werde. Das Vorhaben sei nicht aus bauplanungsrechtlichen Gründen den Klägern gegenüber als rücksichtslos unzulässig. Das Vorhaben der Beigeladenen sei als Wohnhaus hinsichtlich des städtebaulichen Kriteriums der Art der baulichen Nutzung unbedenklich. Anhaltspunkte für eine Nichtbeachtung im konkreten Fall nachbarschützender, lediglich das Maß der baulichen Nutzung betreffender Normen seien nicht gegeben. Das Vorliegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßender Beeinträchtigungen sei nicht ersichtlich. Das Bauvorhaben der Beigeladenen halte die Abstandsflächenvorschriften des § 7 Abs. 1 Satz 3 LBO ein. Die Beigeladenen dürften, da die Kläger ein grenzständiges Wohnhaus errichtet hätten, ebenfalls ein grenzständiges Gebäude ohne Einhaltung der Abstandsfläche errichten. Die frühere einschränkendere Regelung der LBO, die lediglich einen deckungsgleichen Anbau zugelassen habe, sei in der LBO 2004 nicht mehr enthalten.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 06.06.2005 zur Post g...