Entscheidungsstichwort (Thema)

Beihilfe. Festbetragsregelung mit höherrangigem Recht vereinbar

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Festbetragsregelung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 Halbsatz 1 BhVO ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

2. Der Dienstherr ist nicht verpflichtet, den Beihilfeberechtigten auf Änderungen im Beihilferecht hinzuweisen.

3. Der Beihilfeberechtigte genießt keinen Vertrauensschutz dahingehend, dass eine dem geltenden Beihilferecht widersprechende Anerkennung der Beihilfefähigkeit eines Arzneimittels über den Festbetrag nach § 35 SGB V hinaus fortgesetzt wird.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5; BBG § 79; SBG § 67 Abs. 3 S. 7; SGB V §§ 35, 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6; BhVO § 5 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2a

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der am … 1933 geborene, mit einem Bemessungssatz von 70 vom Hundert beihilfeberechtigte Kläger wendet sich gegen die Beschränkung der Anerkennung beihilfefähiger Aufwendungen für das Medikament UroXatral Uno Retard-Tabletten No. 100 auf einen unter den tatsächlichen Kosten liegenden Festbetrag.

Mit Beihilfeantrag, beim Beklagten eingegangen am 06.07.2009, beantragte der Kläger die Gewährung einer Beihilfe unter anderem zu den Aufwendungen für UroXatral Uno Retard-Tabletten No. 100, die er gemäß ärztlicher Verordnung vom 22.06.2009 zu einem Apothekenabgabepreis von 103,18 Euro erwarb.

Mit Beihilfebescheid vom 27.07.2009 berücksichtigte der Beklagte hiervon lediglich einen Festbetrag von 48,96 Euro abzüglich eines Eigenanteils von 5,00 Euro, also einen Betrag von 43,96 Euro, als beihilfefähig. Insoweit ist der Bescheid mit dem Hinweis versehen, Aufwendungen für Arzneimittel, für die nach dem SGB V ein Festbetrag festgesetzt worden sei, seien nur bis zur Höhe dieses Festbetrages abzüglich des Eigenanteils nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BhVO beihilfefähig.

Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs machte der Kläger geltend, er nehme das Medikament bereits seit mehr als 20 Jahren mit Erfolg ein, und die Aufwendungen hierfür seien bisher immer in voller Höhe berücksichtigt worden. Vor einer diesbezüglichen Änderung hätte es aus Gründen des Vertrauensschutzes zumindest eines Hinweises von Seiten der Beihilfestelle bedurft, um ihm, dem Kläger, die Möglichkeit zu geben, nach Rücksprache mit seinem Arzt eine andere Lösung zu finden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, Aufwendungen für Arzneimittel, für die nach dem SGB V ein Festbetrag festgesetzt worden sei, seien nach geltendem Beihilferecht nur bis zur Höhe dieses Festbetrages beihilfefähig. Diese Regelung sei im vorliegenden Falle angewandt worden, da für das Mittel “UroXatral Retardtabletten” ein Festbetrag bestehe. Nach der Rechtsprechung der Kammer bestehe ein höherer Beihilfeanspruch auch dann nicht, wenn der Kläger von dieser Regelung bisher keine Kenntnis gehabt habe. In einer fehlenden oder unzureichenden Belehrung über einen Beihilfeanspruch sei keine Fürsorgepflichtverletzung zu sehen, weil eine derartige Belehrungspflicht bei rechtlichen Kenntnissen, die jeder Beamte entweder bereits habe oder sich unschwer selbst beschaffen könne, nicht bestehe. Die Fürsorgepflicht erfordere nicht den Ausgleich jeglicher Aufwendungen aus Krankheitsgründen und auch nicht die Erstattung solcher Aufwendungen in vollem Umfange. Die durch die Beihilfevorschriften notwendige Typisierung, Generalisierung und Pauschalierung könne zwar zu Härten und Nachteilen führen, die allerdings, solange sie nicht existenzbedrohend seien, hingenommen werden müssten.

Mit am 06.01.2010 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren aus den bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründen weiterverfolgt.

Ergänzend und vertiefend trägt der Kläger vor, auch in der Zeit nach der vom Beklagten zur Begründung seiner Widerspruchsentscheidung angeführten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung seien seine Aufwendungen für das Mittel UroXatral vom Beklagten noch in voller Höhe als beihilfefähig anerkannt worden, zuletzt am 10.03.2009. Erst eine neue Sachbearbeiterin habe dies geändert. Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung der Grundsätze des Vertrauensschutzes hätte es einem “normalen Geschäftsverhalten” entsprochen, ihn vorher auf eine Änderung der Beihilfepraxis hinzuweisen. Er habe auch sofort nach Kenntnisnahme hiervon im Einvernehmen mit seinem Arzt das Medikament ersetzt.

Einen ausdrücklichen Klageantrag hat der Kläger nicht formuliert.

Der Beklagte beantragt schriftlich,

die Klage abzuweisen.

Er hält an den ergangenen Bescheiden aus den i...

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