Entscheidungsstichwort (Thema)

Syrien. Makhthumin. Staatenlosigkeit. Aufenthaltserlaubnis. Unmöglichkeit der Ausreise

 

Leitsatz (amtlich)

Bleiben nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mehr weiter aufklärbare Zweifel an der Behauptung der Antragsteller, dass ihre inzwischen verstorbenen Vorfahren väterlicherseits aus Syrien stammen, zumindest ihr Geburts- und Aufenthaltsort unbekannt ist, und kommt die ernsthafte Möglichkeit in Betracht, dass diese Vorfahren in der heutigen Türkei geboren wurden und dort lebten und die türkische Staatsangehörigkeit besaßen, muss im Hinblick darauf, dass das türkische Staatsangehörigkeitsrecht dem Abstammungsprinzip und dem Vater folgt und der Nachweis der türkischen Staatsangehörigkeit keiner Form unterliegt, mithin auch zeugenbeweislich geführt werden kann, dem Begehren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG der Erfolg versagt bleibt.

 

Normenkette

AufenthG § 25 Abs. 4

 

Nachgehend

OVG des Saarlandes (Beschluss vom 23.07.2008; Aktenzeichen 2 A 151/08)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und die Ausstellung von Reiseausweisen gemäß Art. 28 des Übereinkommens über die Rechtstellung von Staatenlosen vom 28.09.1954 – StlÜbk –.

Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der Kläger zu 3) und 4). Sie sind eigenen Angaben zufolge aus Syrien kommende kurdische Volkszugehörige yezidischer Religionszugehörigkeit und in dem Ort Barzan im Kreis Hasakeh/Syrien geboren.

Sie reisten nach ihren Angaben Ende August/Anfang September 2000 als Asylbewerber nach Deutschland ein. Im Asylverfahren machten sie geltend, sie seien staatenlos in ihrem eigenen Land und würden dort nicht als syrische Staatsangehörige anerkannt. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 28.09.2000 erhobene Klage wies das Gericht durch Urteil vom 08.11.2001, 2 K 73/01.A, mit der Begründung ab, dass die Kläger staatenlose Kurden aus Syrien seien und Syrien aufgehört habe, das Land ihres gewöhnlichen Aufenthalts zu sein. Durch Beschluss des OVG des Saarlandes vom 04.10.2002, 3 Q 1/02, wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, dass für staatenlose kurdische Jeziden aus Syrien der Schutz nach dem Staatenlosenübereinkommen von 1954 Vorrang vor dem begehrten Asylrecht und Abschiebungsschutz habe und von der Ausländerbehörde tatsächlich zu gewähren sei.

Die seitdem geduldeten Kläger beantragten mit Schreiben vom 05.06.2002 die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen sowie die Ausstellung von Reiseausweisen gemäß Art. 28 StlÜbk.

Mit Schreiben vom 03.07.2002 und vom 02.01.2003 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass die Problematik staatenloser Kurden aus Syrien inzwischen auf Bund-Länder-Ebene erörtert werde und unabhängig davon Maßnahmen zur Identitätsfeststellung liefen.

Mit weiterem Schreiben vom 13.03.2003 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass die vorgetragenen Identitäten und insbesondere die behauptete Staatenlosigkeit ungeachtet der nicht bindenden gerichtlichen Feststellungen im Urteil vom 08.11.2001 zu überprüfen seien, und stellte anheim, jegliche in ihrem Besitz befindliche Urkunden und sonstige Identitätsnachweise vorzulegen.

Am 07.11.2005 erhoben die Kläger Untätigkeitsklage.

Mit Schreiben vom 15.05.2006 forderte der Beklagte die Kläger auf,

  • einen vollständigen und nachvollziehbaren Lebenslauf (einschließlich schulischer und beruflicher Laufbahn) unter Angabe der jeweiligen Aufenthaltsorte vorzulegen,
  • lückenlos die familiäre Herkunft unter Angabe der Namen und Wohnorte von Vätern und Müttern sowie Großeltern darzulegen (Stammbaum),
  • Name, Anschrift, Status und Staatangehörigkeit von ggfs in Deutschland lebenden Angehörigen mitzuteilen,
  • vorstehende Angaben insbesondere durch amtlich beglaubigte Urkunden (etwa Geburts- und Heiratsurkunden, Auszüge aus Familien-, Ausländerregistern etc.) oder sonstige Dokumente zu belegen bzw. substantiiert darzutun, warum derartige Unterlagen nicht vorgelegt werden können.

Zur Vereinfachung wurden zwei Fragebögen zu Familienverhältnissen beigefügt.

Zur Begründung der Klage trugen die Kläger vor, dass an der Tatsache ihrer Staatenlosigkeit keine Zweifel bestünden. An die entsprechenden Feststellungen im Asylurteil seien Gericht und Verwaltung gebunden. Neue tatsächliche Umstände, die diese Feststellung erschüttern könnten, seien nicht vorgetragen. Andernfalls könnten sie Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. Denn ihr Asylanspruch sei mit der tragenden Begründung abgewiesen worden, dass sie staatenlos seien, demzufolge Syrien aufgehört hab...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge