Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Anerkennung als Asylberechtigte. Asylrecht

 

Normenkette

AuslG § 51 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1; AsylVfG §§ 73, 77 Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Sie verließ am 17.12.1988 zusammen mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern ihr Heimatland und reiste unter Vorlage eines bis zum 27.09.1990 gültigen Reisepasses über den Flughafen Frankfurt/Main in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ihr Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte wurde vom Bundesamt der Beklagten mit Bescheid vom 12.02.1991 abgelehnt.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 30.03.1994 – 10 K 9/92 – wurde die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung der Klägerin in die Türkei die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. In dem Urteil ist ausgeführt, die Klägerin habe nicht dargetan, dass sie im Zeitpunkt ihrer Ausreise asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen sei. Sie habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie persönlich vor ihrer Ausreise aus der Türkei einer Unterstützung einer verbotenen politischen Gruppierung verdächtigt worden sei. Vielmehr habe ihren Angaben zufolge ein entsprechender Verdacht im Wesentlichen nur gegen ihren Bruder H… und ihren Vater E… bestanden. Sie habe sich jedoch in der Bundesrepublik Deutschland in einem Maße exilpolitisch betätigt, dass sie – auch vor dem Hintergrund der politischen Aktivitäten ihrer Familienangehörigen – im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt sein werde. Die Klägerin habe in nicht unerheblichem Maße exilpolitische Aktivitäten zugunsten der ERNK bzw. PKK entfaltet. Sie habe an einer Vielzahl von Demonstrationen und Saalveranstaltungen nicht nur teilgenommen, sondern sei auch als Ordnungskraft eingesetzt gewesen. Darüber hinaus habe sie im Juli 1991 an einem Hungerstreik auf dem St. J…. Markt in B-Stadt teilgenommen, mit dem ca. 20 Kurden auf die Unterdrückung des kurdischen Volkes in der Türkei aufmerksam machen wollten. Über diesen Hungerstreik sei in der Saarbrücker Zeitung vom 16.07.1991 berichtet worden, wobei die Klägerin auf einem Foto abgebildet gewesen sei. Berücksichtige man neben dieser publizitätsträchtigen Aktion, dass mehrere Familienmitglieder der Klägerin in ganz erheblichem Umfang exilpolitische Aktivitäten entfalteten, insbesondere ihr Vater bei den Wahlen zum kurdischen Nationalparlament kandidiert habe und Vorstandsmitglied des Kultur- und Unterstützungsvereins des kurdischen Volkes e.V. gewesen sei, und deshalb anzunehmen sei, dass die türkischen Sicherheitsbehörden ein besonderes Augenmerk auf sämtliche Mitglieder dieser Familie richteten, so sei überwiegend wahrscheinlich, dass auch die Aktivitäten der Klägerin den türkischen Behörden bekannt geworden seien.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wurde mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 03.07.1996 – 9 R 486/94 – zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 19.07.1996 stellte die Beklagte in dem Asylverfahren der Klägerin fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen.

Mit Schreiben vom 08.11.2007 wurde die Klägerin zu dem beabsichtigten Widerruf angehört. Mit Bescheid vom 21.12.2007 widerrief die Beklagte die mit Bescheid vom 19.07.1996 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Ergänzend wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Zur Begründung bezog sich das Bundesamt der Beklagten zum einen darauf, dass sich die Rechtslage und Menschenrechtssituation in der Türkei deutlich zum Positiven verändert hätten. Soweit die Klägerin wegen exilpolitischer Aktivitäten Schutz erhalten habe, könne dieser aufgrund der veränderten Lage in der Türkei nicht mehr aufrecht erhalten werden. Diese Aktivitäten würden vom Profil her keineswegs einem heute von Maßnahmen türkischer Behörden bedrohten exilpolitischen Verhalten entsprechen. Dem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei des Auswärtigen Amtes vom 25.10.2007 zufolge würden nur türkische Staatsangehörige, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig seien und sich nach türkischem Recht strafbar gemacht hätten, Gefahr laufen, dass sich die türkische Sicherheitsbehörden...

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