Entscheidungsstichwort (Thema)
Wasserrechtliche Planfeststellung. Einvernehmen der Gemeinde
Leitsatz (amtlich)
1. Regelt eine wasserrechtliche Planfeststellung nach §§ 31 WHG, 74 VwVfG für Flächen eines Plangebietes (hier: Binnenschifffahrtshafen) die dort zulässigen Nutzungen durch Ausweisung eines Sondergebietes nach § 11 BauNVO, so ist gem. § 38 BauGB für nachfolgende Genehmigungen die Herstellung des Einvernehmens nach § 36 BauGB nicht mehr erforderlich, wenn die Gemeinde im Planfeststellungsverfahren beteiligt worden war.
2. Auf eine Verletzung von § 36 BauGB kann in derartigen Fällen eine Gemeindeklage gegen die einem Dritten erteilte Genehmigung im Plangebiet nicht gestützt werden.
Normenkette
GG Art. 28; VwGO § 80 Abs. 4-5, § 87 Abs. 3, § 87b Abs. 1, 3; BauGB § 1 Abs. 4, § 29 Abs. 2, § 34 Abs. 1-2, § 35 Abs. 3 S. 1 Ziff. 6, § 36 Abs. 2 S. 3, § 38; BauNVO § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 3, § 11 Abs. 1, 2 S. 2, § 15 Abs. 1 S. 2; LBO § 72 Abs. 3, § 73 Abs. 1, 4; BImSchG §§ 4-5, 6 Abs. 1 Nr. 2, §§ 7, 13; 9. BImSchV der § 3; SVwVG § 37; SVwVfG § 39; VwVfG § 58 Abs. 1, §§ 74, 75 Abs. 1; WHG §§ 19h, 31; VAwS §§ 14-15, 19
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Der Streitwert wird auf 60.000,00 Euro festgesetzt.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Unter dem 07.07.2008 beantragte die Firma … die Errichtung und den Betrieb eines Tanköllagers zur Lagerung von Grundölen mit einer Gesamtlagerkapazität von 16.200 Tonnen, bestehend aus 8 einwandigen Lagertanks mit lecküberwachtem Tankboden, aufgestellt in einer Betonauffangwanne mit einem Rückhaltevermögen von 6.000 m3, südöstlich der Straße Südkai, im Bereich des Hafens Saarlouis/Dillingen auf dem Grundstück Gemarkung Roden, Flur …, Flurstück …/1 und …/4. Neben den 8, eine Höhe von 14 Meter erreichenden Lagertanks ist eine eingehauste Beladestation für Tankkraftwagen in unmittelbarem Anschluss an die Straße Südkai vorgesehen. Für das Betriebspersonal ist, ebenfalls in diesem Bereich, die Aufstellung eines Bürocontainers beabsichtigt. Die Befüllung der Lagertanks erfolgt über eine Ölpipeline, die diese Tanks mit einem Schiffsverladearm verbindet. Dessen Errichtung ist auf der das Hafenbecken von dem Saarkanal trennenden Mole vorgesehen. Mit Hilfe dieses Verladearms und der Pipeline wird das von Tankschiffen angelandete Öl in die Lagertanks eingelagert. Hierzu erwartet die Beigeladene das Anlanden von ca. 25 Schiffen pro Jahr; für den Weitertransport der Öle zur Produktionsstätte der Beigeladenen werden ca. 2.000 Tankwagenfahrten im Jahr erforderlich sein. Die Genehmigung soll nach § 4 BImSchG i.V.m. Nr. 9.2b) Spalte 2 der 4. BImSchV erteilt werden. Der Standort des Tanköllagers ist in der nachfolgenden Skizze (siehe S. 5) räumlich dargestellt.
Für den Hafen Saarlouis/Dillingen besteht ein Planfeststellungsbeschluss vom 30.06.1986, zuletzt geändert durch den Beschluss vom 22.08.2008, der “den von den Hafenstraßen umschlossenen Bereich” als Sondergebiet “Hafen” gemäß der Baunutzungsverordnung ausweist. Die Zweckbestimmung dieses Sondergebietes umfasst danach Umschlag-, Lageranlagen und auf Hafennähe angewiesene gewerbliche Nutzungen. Ausgenommen von der gewerblichen Nutzung sind Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe i.S.d. § 19 g) Abs. 5 des Wasserhaushaltsgesetzes, soweit eine Gefährdung der Wassergewinnung der Stadt Saarlouis eintreten könne. Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Lagerns, Abfüllens und Umschlagens trifft der Minister für Umwelt. Die Lage dieses Sondergebietes ist in der nachstehenden Skizze als “SO I” “gelb” dargestellt.
Aufgrund der von der Klägerin im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwände war es am 15. Mai 1986 zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen der Kreisstadt Saarlouis und der die Planfeststellung begehrenden Hafengesellschaft gekommen, der nach dem Willen der Vertragsparteien und der Planfeststellungsbehörde Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses wurde. Nach § 4 dieses Vertrages ist die Hafengesellschaft verpflichtet, die Wände des Umschlagbeckens und des Liegebeckens nach einer näheren Darstellung in einem Lageplan derart abzudichten, dass ein Eindringen von Hafenwasser in das Quartär ausgeschlossen ist. Weiter heißt es unter § 6 “planungsrechtliche Vorkehrung gegen eine Beeinträchtigung des Grundwassers”, dort Nr. 1.2: Ausgenommen von der gewerblichen Nutzung sind Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe i.S.d. § 19 g) Abs. 5 Wasserhaushaltsgesetz, soweit eine Gefährdung der Wassergewinnung der Stadt Saarlouis ein...