Entscheidungsstichwort (Thema)
Baugrundstück und Abstandsfläche bei Windenergieanlagen nach der LBO Saarland
Leitsatz (amtlich)
1. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren auf Zulassung von 3 Windenergieanlagen hat die Immissionsschutzbehörde die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften sicherzustellen.
2. Windenergieanlagen, in deren Stahlrohrturm sich die Aufstiegsleiter und Arbeitsplattformen befinden und deren Gondeln für Wartungsarbeiten betreten werden können, sind Gebäude im Sinne von § 2 Abs. 2 LBO Saarland.
3. Die Errichtung eines Gebäudes auf mehreren Grundstücken ist nach § 5 Abs. 2 LBO Saarland nur zulässig, wenn öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass keine Verhältnisse eintreten können, die der LBO zuwiderlaufen.
4. Die öffentlich-rechtliche Sicherung (§ 5 Abs. 2 LBO) kann durch die Eintragung einer (Vereinigungs-)Baulast gemäß § 83 LBO Saarland erfolgen.
5. Die Tiefe der nach § 7 Abs. 5 LBO Saarland erforderlichen Abstandsfläche beträgt grundsätzlich 0,4 H.
6. Soweit § 7 Abs. 5 Satz 3 LBO Saarland im Ermessenswege eine Reduzierung der Tiefe der Abstandsfläche auf “bis zu 0,25 H” zulässt, ist das von Rechts wegen nur in dem Maße zulässig, dass sich das Gesamtbauwerk noch auf dem Baugrundstück befindet und der Mindestgrenzabstand von 3,00 m eingehalten wird.
7. Der Nachweis der ausreichenden Größe des Baugrundstücks und der Einhaltung der Abstandsflächen kann nicht in der Weise überwunden werden, dass die Behörde verpflichtet wird, die Genehmigung unter der Bedingung zu erteilen, dass Baulasten eingetragen und die erforderlichen Abstandsflächen nachträglich nachgewiesen werden.
8. Das Erfordernis der “öffentlich-rechtlichen Sicherung” (§ 5 Abs. 2 LBO Saarland) kann nicht im Wege der Abweichung (§ 68 LBO) überwunden werden.
9. Haben die Nachbarn den Abweichungsantrag und die Baupläne nicht unterschrieben, kommt die Erteilung einer Abweichung von der Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen im Regelfall nicht in Betracht.
Normenkette
BauGB §§ 1, 8 Abs. 2 S. 1, § 10 Abs. 3 S. 4, §§ 35-36; BImSchG §§ 6, 10 Abs. 6a, § 12 Abs. 1, § 13; BNatSchG § 42 Abs. 1, § 62 Abs. 1; LBO § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1; BImSchG § 4; LBO § 5 Abs. 2, §§ 7, 63-64, 68-69, 72; LBO 1996 § 75 Abs. 3; LBO § 83; SLPG 2002 § 2 Abs. 3; WHG §§ 7-8
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Der Streitwert wird auf 86.250 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen am K…Berg in der Gemeinde E….
Unter dem 19.09.2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zur Errichtung von drei Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von (jeweils) 145 m (Narbenhöhe: 95 – 100 m, Rotordurchmesser: 90 m).
Der geplante Standort der drei Anlagen befindet sich innerhalb eines im Landesentwicklungsplan Teilabschnitt “Umwelt (Vorsorge für Flächennutzung, Umweltschutz und Infrastruktur)” vom 13.07.2004 (ABl. 2004, 1574) sowie im Flächennutzungsplan der Gemeinde Eppelborn ausgewiesenen Vorranggebietes für Windenergie. Der LEP Umwelt 2004 verfolgt unter anderem (insgesamt) das Ziel, im Planungszeitraum von 10 Jahren (§ 2 Abs. 3 SLPG 2002) Flächen zur Errichtung von Windkraftanlagen zu sichern, um diesen Anteil an erneuerbaren Energien “angemessen zu erhöhen”. (Ziffer (13) im Abschnitt 1.4 (“Räumliche Leitvorstellungen”)) Dazu werden durch zeichnerische Darstellungen (“Teil B” (im Internet unter www.gis.saarland.de)) Vorranggebiete für Naturschutz (“VN”), für Freiraumschutz (“VFS”), für Landwirtschaft (“VL”), für Grundwasserschutz (“VW”), für Hochwasserschutz (“VH”), für Windenergie (“VE”), für Gewerbe, Industrie und Dienstleistungen (“VG”) sowie für Forschung und Entwicklung (“VF”) festgelegt, die für andere Nutzungen jeweils nur insoweit zur Verfügung stehen, als sie die jeweilige Zielsetzung nicht beeinträchtigen. (Ziffer (39) im Abschnitt 2.2 (“Vorranggebiete”))
Am 08.12.2005 beschloss der Gemeinderat der Beigeladenen die Verlängerung der am 13.12.2003 in Kraft getretenen Satzung über die Veränderungssperre im Geltungsbereich des Bebauungsplans “Konzentrationszone Windenergie” (jetzt: “Windpark Am K…Berg”) und zugleich, das Einvernehmen gemäß § 36 BauGB nicht herzustellen: In Aufstellung sei der Bebauungsplan “Windpark Am K… Berg”, der die Höhe der Windräder auf 90 m begrenze; damit widerspreche das Vorhaben den geplanten Festsetzungen.
Nachdem sie vom Beklagten dazu aufgefordert worden war, beantragte die Klägerin unter dem 07.06.2...