Entscheidungsstichwort (Thema)
Kanalbaubeitragspflicht. Stichleitung
Leitsatz (amtlich)
Gehören zu der öffentlichen Abwasseranlage auch die Stichleitungen bis zur Grenze des zu entwässernden Grundstücks, entsteht die Kanalbaubeitragspflicht erst, sobald sowohl ein Straßenkanal bis zur Höhe des betreffenden Grundstücks als auch eine Stichleitung bis zu dessen Grenze betriebsfertig hergestellt ist (im Anschluss an OVG des Saarlandes, Beschluss von 04.09.2000 – 1 W 8/00).
Normenkette
BKAG § 12 Abs. 1 Nr. 4; AO § 169 Abs. 1-2, § 170 Abs. 1; KAG §§ 1-2, 8 Abs. 4 S. 4, Abs. 7 S. 2, § 10
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin der Flurstücke …
Mit Bescheid vom 21.04.2006, der Klägerin am 24.04.2006 zugestellt, zog der Beklagte die Klägerin hinsichtlich der oben genannten Flurstücke zu einem Kanalbaubeitrag in Höhe von 88.704,– EUR heran.
Der dagegen am 16.05.2006 erhobene Widerspruch wurde mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 09.03.2007 ergangenem Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses, an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21.03.2007 als Einschreiben zur Post gegeben, mit folgender Begründung zurückgewiesen:
“… Gegen diesen Bescheid hat die Widerspruchsführerin mit Schreiben vom 15.05.2006 Widerspruch erhoben.
Sie trägt vor, dass hinsichtlich der Festsetzung des Kanalkostenbeitrages Verjährung eingetreten sei.
Hierzu beruft sie sich auf die Schreiben des Wg… an die Wf…, sowie auf amtliche Vermerke in den Akten des Wg… in dem Zeitraum von 1992 bis 2000, die die Verpflichtung der Wf… zum Anschluss ihres Grundstückes an den in der Straße verlegten Abwasserkanal zum Gegenstand hatten.
Bereits mit Bescheid vom 27.10.1992 sei sie aufgefordert worden, den Anschluss an die städtische Mischwasserkanalisation in der Straße zu beantragen. Zur Vorlage entsprechender Antragsunterlagen sei der Wf… eine Frist bis zum 15.12.1992 eingeräumt und für den Fall des Verzuges Zwangsgeld angedroht worden. In dem Bescheid sei ausdrücklich ausgeführt worden, dass der Mischwasserkanal in der Straße fertig gestellt sei. In der Folge zitiert die Wf… weitere Schreiben bzw. Aktenvermerke, in denen von dem “betriebsfähigen Mischwasserkanal” die Rede ist.
Es habe auch der ständigen Verwaltungspraxis des Wg… entsprochen, die Anlieger dann zu Kanalkostenbeiträgen heranzuziehen, wenn der Kanal in der Straße vor den jeweiligen Grundstücken gelegen habe. Wenn man diese Verwaltungspraxis zu Grunde lege, sei Verjährung eingetreten.
Aber auch aus dem Gesichtspunkt der Verwirkung könne eine Heranziehung zum Kanalkostenbeitrag nicht mehr erfolgen. Das für die Verwirkung erforderliche Zeit- und Umstandsmoment sei erfüllt. Das Zeitmoment dürfte bei einer Zeitspanne von 15 Jahren unproblematisch sein. Hinsichtlich des Umstandsmomentes sei zu berücksichtigen, dass der Wg… in die Verkaufsbemühungen der Wf… eingebunden gewesen sei. Hätte die Wf… noch damit rechnen müssen, mit ca. 90.000,– EUR belastet zu werden, wäre es sicher unproblematisch gewesen, diese Kosten auf die Käufer abzuwälzen.
Der Wg… beruft sich auf die Bestimmung des § 3 Abs. 1 seiner Abwasserbeitragssatzung, wonach die Beitragspflicht für ein Grundstück erst entsteht, wenn es an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden kann.
Das Grundstück der Wf… habe erst im Jahre 2003 die Möglichkeit zum Anschluss an den öffentlichen Kanal erhalten, da vorher etwa 1 m Kanal bis zur Grundstücksgrenze zum Anschluss fehlten. Das Verfahren von 1992 sollte lediglich dazu dienen, die Wf… zu einer Planung und zur Ausführung der Planung zu bringen. Aufgrund der Größe des Grundstückes wollte man alle Möglichkeiten zur Platzierung des Kanalanschlusses offen halten und den letzten Meter zum Grundstück der Wf… erst nach Vorlage der Planung legen.
Entgegen den Darstellungen der Wf… entspreche es nicht der Verwaltungspraxis, unmittelbar nach der Verlegung des Kanals Kanalkostenbeiträge für die Grundstücke zu erheben. Erst die Inanspruchnahmemöglichkeit, also die Verlegung des Kanalhausanschlusses vom Kanal bis zur Grundstücksgrenze löse die Beitragspflicht aus. …
II.
Der Widerspruch, über den trotz Ausbleiben der ordnungsgemäß geladenen Wf… in der mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 1, 2, 8, 10 KAG i.V. mit den Vorschriften der Satzung der Kreisstadt Neunkirchen über das Erheben von Beiträgen für die öffentliche Abwasseranlagen – Abwasserbeitragssatzung – in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 13.03.1991 und der Artikelsatzung zur Anpassung örtlicher Satzungen der Kreisstadt an den Euro.
Die Satzung ist ihrer...