Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylrecht. Nichtvorliegen von Abschiebungshindernissen
Normenkette
EMRK Art. 3; Richtlinie 2004/83/EG Art. 15 Buchst. c, Art. 18; AufenthG §§ 60, 60a Abs. 1 S. 1; AsylVfG § 77 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger, irakischer Staatsangehöriger sunnitischer Religions- und kurdischer Volkszugehörigkeit, reiste am 09.09.2008 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am Tag darauf Asylantrag. Bei seiner Anhörung am 18.09.2008 erklärte er, er habe seine Heimat am 25.08.2008 verlassen und sei mit Fahrzeugen über den Iran und die Türkei in die Bundesrepublik Deutschland gebracht worden. Auf der Fahrt habe er von dem Schleuser einen gefälschten türkischen Personalausweis erhalten. In seiner Heimat sei er wegen der Beziehung zu einem Mädchen von dessen Onkel bedroht worden. Dieser Onkel sei in der PUK und sehr mächtig gewesen. Anfang August 2008 habe er von diesem Onkel einen Drohbrief erhalten, in dem es geheißen habe, er solle das Mädchen in Ruhe lassen. Am 10.08.2008 habe er den Onkel des Mädchens getroffen und der habe ihm erklärt, er habe nicht das Niveau, um in die Familie einzuheiraten. Danach habe er das Mädchen telefonisch nicht mehr erreichen können. Den Irak habe er verlassen, weil er die Beziehung zu dem Mädchen ansonsten nicht beendet hätte und deshalb von dessen Onkel weiter bedroht worden wäre.
Mit Bescheid vom 06.05.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 – 7 AufenthG nicht vorliegen. Zugleich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in den Irak zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert. Zur Begründung heißt es, die Berufung auf das Asylgrundrecht sei schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger auf dem Landweg und damit über sichere Drittstaaten in das Bundesgebiet eingereist sei.
Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG bestehe ebenfalls nicht. Aus dem Vorbringen des Klägers sei nicht erkennbar, dass er seine Heimat aus Furcht vor politisch motivierter Verfolgung von Seiten des irakischen Staates verlassen habe. Sein Vorbringen, von nichtstaatlichen Akteuren bedroht worden zu sein, sei nicht glaubhaft. Angesichts der Ungereimtheiten in seinem Vorbringen sei davon auszugehen, dass der Kläger seinem Asylbegehren mit einer erfundenen Liebesgeschichte eine Grundlage habe verschaffen wollen. Selbst wenn man das Vorbringen als wahr unterstellen wollte, was abwegig sei, sei eine Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale aus seinem Sachvortrag nicht erkennbar.
Europarechtliche Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG lägen nicht vor. Insbesondere sei der Kläger nach 60 Abs. 7 Satz 2 nicht als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt. Angesichts der im Irak herrschenden Situation sei das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in der Provinz Sulaimaniya deshalb zu verneinen, weil das hierfür erforderliche Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit der bewaffneten Auseinandersetzungen dort nicht erreicht werde. Dies gelte insbesondere für die 2008 nahezu anschlagsfreien Provinzen Muthanna, Dahuk, Arbil, Najaf und Maysan. Auch nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Insbesondere sei eine extreme Gefahrenlage, die bei verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde, nicht erkennbar. Der Kläger wäre bei Rückkehr wie die übrige Bevölkerung auch einer allgemeinen Gefahr ausgesetzt, ohne dass sich daraus eine individuelle Gefährdung des Klägers ableiten ließe. Die Sicherheitslage im Land habe sich verbessert und die Gewaltrate sei seit Sommer 2007 kontinuierlich gesunken. Auch die Versorgungslage begründe keine extreme Gefahrenlage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 20.05.2009 bei Gericht eingegangene Klage. Zur Begründung ist vorgetragen, der Kläger müsse bei Rückkehr in den Irak mit Verfolgung wegen der illegitimen Beziehung zu einer jungen Frau rechnen, wobei ihn der irakische Staat nicht wirksam schützen könne. Die Klage sei auch wegen der allgemeinen Situation im Irak begründet. Eine Verfolgung drohe nunmehr auch Sunniten und Schiiten, jeweils wechselseitig verübt von den jeweils militanten Ve...