Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung durch den Dienstherrn
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung durch den Dienstherrn setzt voraus, dass der Beamte nach eigener Einschätzung infolge Krankheit dienstunfähig ist und dass der Dienstherr Zweifel an dieser (Selbst-)Einschätzung hat; diese Zweifel dürfen nicht aus der Luft gegriffen, sondern müssen durch konkrete Umstände veranlasst sein.
2. Die eine Untersuchungsanordnung tragenden Zweifel des Dienstherrn können sich auch aus einer Summe von Umständen ergeben, die – je für sich gesehen – noch keinen hinreichenden Anlass zu Zweifeln bieten.
Normenkette
BBG § 96 Abs. 1 S. 2; SBG § 81 Abs. 1 S. 2, § 88 Abs. 1 S. 2; SVwVfG § 28 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Sätze 2-3, § 45 Abs. 1 Nr. 3; BeamtStG § 54 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung.
Der 1950 geborene Kläger ist Justizhauptsekretär beim L… C…-Stadt. Im Juli 2006 wurde dort das neue Tätigkeitsfeld des Koordinators geschaffen, wodurch eine Entlastung des Geschäftsleiters bewirkt werden soll. Der Koordinator ist zuständig für die Regelung und Bewilligung von Urlaub in den Serviceeinheiten sowie für die Überwachung und gerechte Verteilung der in den Serviceeinheiten anfallenden Arbeiten. Zudem ist er Bindeglied zwischen Serviceeinheit und Verwaltung.
Mit Verfügung vom 20.07.2006 wurde der Kläger vorläufig zum Koordinator der Serviceeinheit 3 beim L… bestellt.
Nach vorausgegangenen Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und dem Geschäftsleiter des L… N… teilte dieser dem Kläger im Beisein der stellvertretenden Geschäftsleiterin am 22.01.2009 mit, dass er vom Amt des vorläufigen Koordinators der Serviceeinheit 3 entbunden sei.
Einen Tag später, also am 23.01.2009, meldete sich der Kläger telefonisch bei der Justizsekretärin S…, die als stellvertretende Koordinatorin in der Serviceeinheit 3 tätig ist, krank. Als Art der Erkrankung gab er ein “Unwohlsein” an. Am 26.01.2009 ging ein ärztliches Attest der Gemeinschaftspraxis J…/J… vom 23.01.2009 ein, mit dem dem Kläger eine voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 08.02.2009 bescheinigt wurde.
Am 09.02.2009 meldete sich der Kläger erneut bei der Justizsekretärin S… krank und bat darum, seine Krankmeldung an die Verwaltung weiterzuleiten. Zugleich kündigte er die Vorlage einer entsprechenden Folgebescheinigung an.
Mit Verfügung vom 10.02.2009 – bevor der Kläger eine Folgebescheinigung vorgelegt hatte – ordnete der Präsident des L… C…-Stadt an, dass der Kläger sich einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen müsse. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger am 09.02.2009 nach Ablauf der eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weder den Dienst angetreten noch eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und auch eine weitere Erkrankung nicht persönlich dem unmittelbaren Vorgesetzten angezeigt habe.
Am 11.02.2009 wurde die angekündigte Folgebescheinigung vom 09.02.2009, mit der dem Kläger eine voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 23.02.2009 bescheinigt wurde, vorgelegt.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.02.2009 führte der Kläger gegenüber dem Präsidenten des L… C…-Stadt aus, er habe sich nach dem Arztbesuch am 09.02.2009 unverzüglich bei der stellvertretenden Koordinatorin S… weiter krank gemeldet mit der Bitte um Weiterleitung der Krankmeldung an die Verwaltung und dem gleichzeitigen Hinweis, dass das ärztliche Attest einer Kollegin am 10.02.2009 mitgegeben werde. Die Kollegin L…, die bei der Staatsanwaltschaft C…-Stadt beschäftigt sei, sei von ihm beauftragt gewesen, die Krankmeldung am 10.02.2009 persönlich bei dem Kollegen E… von der Personalstelle abzugeben (wie auch am 26.01.2009 geschehen). Nachdem Frau L… die Krankmeldung versehentlich zu Hause vergessen habe, habe sie dies dem Kollegen F… von der Verwaltungsgeschäftsstelle am 10.02.2009 mitgeteilt und erklärt, sie werde das Attest am 11.02.2009 persönlich vorbeibringen. Herr F… habe erklärt, dies sei so in Ordnung, die Krankmeldung sei schon bekannt. Die Vorlage der Krankmeldung sei dann am 11.02.2009 durch Frau L… unmittelbar an Herrn E… erfolgt. Für eine Vorstellung beim Amtsarzt bestehe nach alledem keine Veranlassung.
Am 24.02.2009 trat der Kläger seinen Dienst wieder an.
Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Präsident des L… dem Kläger mit, die Rechtsgrundlage für die angeordnete amtsärztliche Untersuchung finde sich in § 88 Abs. 1 Satz 2 SBG. Danach habe der Beamte seine Dienstunfähigkeit nachzuweisen und der Dienstvorgesetzte di...