Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Abrissgenehmigung für ein 185 Jahre altes, seit mehr als 20 Jahren leer stehendes Bauernhaus mit Scheinenteil
Leitsatz (amtlich)
Private Gründe des Eigentümers überwiegen das öffentliche Interesse am Erhalt eines Baudenkmals, wenn die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch Erträge oder den Gebrauchswert des Baudenkmals aufgewogen werden können.
Normenkette
SDschG § 8 Abs. 1, 5, § 7
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2006 verpflichtet, der Klägerin die Genehmigung zum Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes in Riegelsberg, … Straße 34 b zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigung des Abriss eines im Jahre 1822 errichteten und seit mehr als 20 Jahre leer stehenden denkmalgeschützten Bauernhauses in Ortsteil.
Sie ist durch Erbfolge (Tod ihrer Mutter am 25.11.2005) Eigentümerin des Anwesens in geworden und als solche am 16.03.2006 ins Grundbuch eingetragen worden.
Unter dem 24.01.2002 teilte das Staatliche Konservatoramt dem Stadtverband Saarbrücken – Untere Denkmalbehörde – mit, dass das auf dem Grundstück aufstehende, wie folgt beschriebene Bauernhaus
Nachbarockes Quereinhaus. Der zweigeschossige, dreiachsige Wohnteil mit stichbogigen Sandsteingewänden, der profilierte Hauseingang bez. „1822 / FKLK (?)”. An der Vorderfront die ursprüngliche Gliederung des Wirtschaftsteils mit korbbogigem Scheunentorgewände, Stallfenster und -tür erhalten. – Kleiner Anbau an der freistehenden Giebelfront (ehem. Schweinestall ?, verm. 19. Jh.) Anbau auf der Rückseite des Wirtschaftsteils (19. Jh. ?).
ein Kulturdenkmal (§ 2 SDschG) und in die Teildenkmalliste einzutragen sei.
Die Untere Denkmalschutzbehörde sandte mit Datum vom 06.02.2002 an die Klägerin ein Schreiben, dass „ihr Anwesen” vom Staatlichen Konservatoramt als Einzeldenkmal oder Bestandteil eines Ensembles in die Denkmalliste eingetragen worden sei, es sich um ein Kulturdenkmal handele und Baumaßnahmen daran der Genehmigung bedürften. Die Klägerin bestreitet, dieses Schreiben erhalten zu haben.
Am 05.10.2006 ging beim Stadtverband Saarbrücken – Untere Bauaufsichtsbehörde – die Anzeige einer beabsichtigten Beseitigung von Anlagen (nach § 61 Abs. 4 LBO) für das genannte Gebäude vom 29.05.2006 mit folgender Berechnung des abzubrechenden umbauten Raumes ein:
|
Scheune |
|
8,00 × 10,50 × 6,60 |
554,40 cbm |
|
|
+ |
8,00 × 10,50 × 5,00 × ½ |
210,00 cbm |
|
|
+ |
6,75 × 6,00 × 4,00 i.M. |
162,00 cbm |
502,16 cbm |
Wohnhaus |
|
8,50 × 10,50 × 6,60 |
589,05 cbm |
|
|
+ |
8,50 × 10,50 × 5,00 × ½ |
589,05 cbm |
812,18 cbm |
Schuppen |
|
2,00 × 6,50 × 3,70 |
48,10 cbm |
|
|
+ |
2,00 × 6,50 × 3,00 × ½ |
19,50 cbm |
67,60 cbm |
|
|
cbm – Umbauter Raum – insgesamt |
1.806,18 cbm |
Mit Schriftsatz vom 13.11.2006 beantragte die Klägerin sodann beim Beklagten die Erteilung einer Abrissgenehmigung für das Objekt: Das Anwesen sei nicht mehr bewohnbar und stehe seit längerer Zeit leer. Das Gebäude sei in einem sehr schlechten, desolaten Zustand und baufällig. Decken, Wände, Dach, Böden und Fenster müssten ebenso wie alle Installationen von Grund auf erneuert werden. Ihr Architekt habe ihr wegen der nicht abschätzbaren Kosten von einer Renovierung abgeraten.
Mit dem in Streit stehenden Bescheid vom 07.12.2006 versagte der Beklagte der Klägerin die begehrte Abrissgenehmigung: Das Gebäude, das die Klägerin abzureißen gedenke, sei ein Bauernhaus aus dem Jahre 1822, das in die Denkmalliste eingetragen sei. Es befinde sich sowohl konstruktiv als auch formal in einem noch erhaltenswerten Zustand. Der Denkmalwert basiere vor allem auf der architekturhistorischen Bedeutung des Bauernhauses. Die Instandhaltungspflicht sei auf das wirtschaftlich Zumutbare begrenzt. Der Nachweis der Unrentierlichkeit sei nicht erbracht. Ein solcher erfordere eine Wirtschaftlichkeitsberechnung in der Form eines Sachverständigengutachtens über die Kosten der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen, die Erträge oder den Gebrauchswert des Denkmals und den Verkehrswert des Grundstücks.
Am 03.01.2007 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 07.12.2006 Klage erhoben. Zu deren Begründung macht sie geltend, der angegriffene Bescheid sei ermessensfehlerhaft. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, nachzuweisen, dass eine Renovierung des Objektes sich rentiere.
Im Laufe des Klageverfahrens hat die Klägerin das nachstehend wiedergegebene Gutachten des Architekten vom 21.05.2007 zu den Gerichtsakten gereicht:
Zustand des Gebäudes: Das Objekt ist seit längerer Zeit unbewohnt. Ohne Sanierung des Objektes ist eine Vermiet- bzw. Bewohnbarkeit ausg...