Entscheidungsstichwort (Thema)
Denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung für ein weitgehend im Originalzustand verbliebenes Bauernhaus aus dem Jahre 1844. Baufälligkeit eines Denkmals hat grds. keinen Einfluss auf dessen Schutzwürdigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der schlechte Erhaltungszustand eines Kulturdenkmals hat grundsätzlich keinen Einfluss auf dessen Schutzwürdigkeit.
2. Die Abrissgenehmigung für ein Baudenkmal ist zu erteilen, wenn dessen Erhaltung dem Eigentümer wirtschaftlich nicht zumutbar ist.
3. Wer ein baufälliges Denkmal erwirbt, ist nicht bereits deshalb verpflichtet, dieses ungeachtet der wirtschaftlichen Zumutbarkeit zu erhalten.
4. Das Denkmalschutzrecht gebietet keine Erhaltung von leerstehenden und nicht nutzbaren Objekten (Ruinen).
Normenkette
SDschG §§ 2, 7 Abs. 1, § 8; LBO § 45
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 15.01.2008 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, die denkmalschutzrechtliche Genehmigung zum Abriss zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Der Streitwert wird auf 11.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger bewohnen das in der A…-Straße in U… gelegene Anwesen, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Auf dem linksseitig angrenzenden Grundstück, das eine Grundfläche von 619 m(2) aufweist, steht ein aus dem Jahre 1844 stammendes Bauernhaus des Typs “Quereinhaus”, dass mit seiner rechten Giebelwand an den grenzständigen Giebel des Wohnhauses der Kläger angebaut ist. Es ist seit 2003 in die saarländische Denkmalliste eingetragen.
Im Auftrag der gerichtlich bestellten Betreuerin des vormaligen Eigentümers und letzten Bewohners dieses Bauernhauses erstellte der Kreisgutachterausschuss … im März 2006 ein Wertgutachten über dessen Verkehrswert. Hierbei kam er zu dem Ergebnis, dass das Anwesen nur noch aus denkmalpflegerischer Sicht erhaltenswert sei, seine Wiederherrichtung zu Wohnzwecken sei aus Kostengründen nicht empfehlenswert. Durch den Denkmalschutzstatus bestünden erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten bei der Renovierung und Instandsetzung des Gebäudes. Ausgehend von einem Bodenwert in Höhe von 27.050,-- Euro seien Abrisskosten von 15.930,-- Euro zu erwarten, sodass sich ein Verkehrswert von rund 11.000,-- Euro ergebe. In dem Gutachten wurden folgende Bauschäden und Baumängel festgehalten:
Mauerwerk von Keller und EG sind feucht,
Außenputz mit Rissen und in Folge von Feuchtigkeit stark abblätternd,
die Dachflächen sind uneben, die Ortgangbretter verfault,
Vorkehrungen wegen absturzgefährdeter Bauteile sind notwendig.
Weiter heißt es:
“Wirtschaftliche Wertminderung:
Das Gebäude entspricht im jetzigen Zustand nicht den heutigen Anforderungen an gesundes Wohnen, es befindet sich in einem desolaten Zustand, zur Zeit ist es unbewohnt und in seinem jetzigen Zustand auch unbewohnbar. Die gesamte Haustechnik ist veraltet oder nicht vorhanden, bis auf ein WC im ehemaligen Stallbereich ist es ohne sanitäre Einrichtungen. Sämtliche Fenster sind erneuerungsbedürftig. Die Wärmedämmung fehlt, der Wirtschaftsteil ist ungenutzt. Die unterschiedlichen Geschosshöhen von 2 – 2,30 m entsprechen nicht den Vorgaben der Landesbauordnung, die Durchgangshöhen sind teilweise ungenügend.”
Im Jahre 2006 erwarben die Kläger das Anwesen, um einerseits über das Grundstück eine Zuwegung zu ihrem rückwärtigen Garten herzustellen, sowie das Bauernhaus gegebenenfalls zu renovieren und später zu vermieten. Angelehnt an die Wertermittlung des Gutachterausschusses … wurde ein Kaufpreis in Höhe von 13.200,-- Euro gezahlt.
Nach Konsultierung verschiedener Baufachleute nahmen die Kläger von einer Renovierung des Bauernhauses Abstand und wandten sich mit Schreiben vom 06.11.2007 an den Beklagten und baten um Zustimmung zum Abriss des Anwesens. Die Wiederherstellung des Gebäudes sei ihnen nicht zumutbar, wie sich aus dem Gutachten des Kreisgutachterausschusses, das dem Antrag als Anlage beigefügt sei, ergebe.
Nach Durchführung einer Ortsbesichtigung versagte der Beklagte mit Bescheid vom 15.01.2008 gemäß § 8 Abs. 1 des Saarländischen Denkmalschutzgesetzes die Erlaubnis zum Abriss.
In den Gründen des Bescheides wird ausgeführt, die Eintragung des aus dem Jahre 1844 stammenden Bauernhauses in die Denkmalliste des Saarlandes sei am 03.11.2003 erfolgt. Das Anwesen sei seinerzeit bewohnt gewesen und habe sich in einem Zustand befunden, der dem Heutigen annähernd vergleichbar sei. Spätestens zum Zeitpunkt des Erwerbes sei den Klägern der Umstand, dass das Anwesen unter Denkmalschutz stehe, bekannt geworden. Im Rahmen eines Ortstermins seien mit den Klägern auch die grundsätzlichen staatlichen Förderungsmöglichkeiten (Dorferneuerung, Leerstandsprogramme, Denkmalpflege, steuerliche Abschreibungsmögli...