Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterbliebenenversorgung. Witwergeld. Versorgungsehe

 

Leitsatz (amtlich)

Vermutete Versorgungsehe bei Eheschließung nach 16 Jahre langem Zusammenleben und Kenntnisnahme von einer lebensbedrohlichen Erkrankung der Beamtin

 

Normenkette

VwGO § 117 Abs. 5; BeamtVG § 19 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger, Witwer der am … 1954 geborenen und am 03.11.2007 verstorbenen Verwaltungsoberinspektorin (Besoldungsgruppe A 10) B… W…, begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Witwergeld. Die Ehe des Klägers mit der Vorgenannten wurde am 09.05.2007 geschlossen.

Hinsichtlich des vom Kläger nach dem Tode seiner Ehefrau begehrten Witwergeldes wies die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 22.11.2007 auf die Bestimmung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG hin und gab ihm Gelegenheit, die sich nach dieser Vorschrift aus der kurzen Ehedauer von unter einem Jahr ergebende Vermutung einer “Versorgungsehe” zu widerlegen.

Hierzu teilte der Kläger im Wesentlichen mit, objektive, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände könne er nicht angeben. Er habe mit der Verstorbenen Beamtin aber 16 Jahre lang in einer “ehelichen Gemeinschaft” gelebt. Ihre Eheschließung sei bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung seiner Frau (diese wurde bereits im Februar 2007 in der Klinik für Tumorbiologie Freiburg behandelt) beabsichtigt gewesen, eben wegen dieser Erkrankung sei eine Heirat aber nicht früher möglich gewesen.

Mit Bescheid vom 15.05.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung in Form von Witwergeld ab. Zur Begründung heißt es, nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erhalte der Witwer einer Beamtin auf Lebenszeit Witwergeld. Dies gelte gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG jedoch nicht, wenn die Ehe mit der Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, dem Witwer eine Versorgung zu verschaffen. Da die Ehe des Klägers mit der Beamtin erst seit dem 09.05.2007 bestanden habe, sei demnach ein Anspruch auf Witwergeld nicht gegeben. Ausgehend von der kurzen Ehedauer werde von Gesetzes wegen vermutet, dass durch die Heirat beabsichtigt gewesen sei, dem Kläger als Witwer eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern. Die volle objektive Beweislast für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe trage der Witwer. Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers seien nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG zu widerlegen. Allein die Tatsache, dass bereits seit 16 Jahren eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden habe, reiche insoweit angesichts der kurzen Ehedauer nicht aus. Entscheidend seien die Beweggründe für die Eheschließung. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei die lebensbedrohliche Erkrankung der Ehefrau des Klägers bereits bekannt gewesen. Ein langjähriges Zusammenleben bekräftige vor diesem Hintergrund sogar die gesetzliche Vermutung, dass der überwiegende Zweck der Heirat zu diesem Zeitpunkt darin gesehen worden sei, dem Kläger als Witwer eine Versorgung zu verschaffen.

Der vom Kläger hiergegen erhobene Widerspruch, mit dem der Kläger darauf hinwies, dass sowohl die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) als auch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) die ihm zustehenden Leistungen nach Prüfung der Angelegenheit gewährt hätten, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2008 im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurückgewiesen. Ergänzend ist ausgeführt, die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG komme in aller Regel nicht in Betracht, wenn der lebensbedrohende Charakter einer Erkrankung des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung bekannt gewesen sei, es sei denn, die Heirat stelle sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Erkenntnis vorhanden gewesenen Entschlusses zur Eheschließung dar. Nach den Angaben des Klägers sei zwar bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung eine Heirat mit der Beamtin geplant gewesen, mangels näherer Ausführungen hierzu sei dies aber nicht überzeugend. Werde die Eheschließung trotz jahrelanger Bindung (hier 16 Jahre) bis kurz auf einen vor dem Tod des Partners liegenden Zeitpunkt hinausgeschoben oder bestehe eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft, deren Legalisierung aber bis zu diesem Zeitpunkt unterbleibe, so könne dies vielmehr ein Indiz dafür sein, dass ursprünglich gerade keine Eheschließung geplant gewesen sei, zumal die Ehe...

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