Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für ausnahmsweise Rundfunkgebührenbefreiung bei Schwerbehinderung trotz Nichteintragung des Merkzeichens “RF” im Schwerbehindertenausweis bei Antragstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 RfGebStV ab dem Folgemonat der Antragstellung kommt ausnahmsweise auch dann in Betracht, wenn bei Antragstellung das Merkzeichen “RF” im Schwerbehindertenausweis des Antragstellers noch nicht eingetragen ist.
2. Dies setzt einen ansonsten vollständigen, mit den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 RfGebStV begründeten und unter Hinweis auf das durch ein anhängiges Streitverfahren bedingte Fehlen des Merkzeichens “RF” gestellten Antrag auf Rundfunkgebührenbefreiung sowie das unverzügliche Nachreichen des “RF”-Vermerks voraus.
Normenkette
RGebStV §§ 3, 6; VwGO §§ 94, 166; ZPO § 114
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Gerichtskosten sind nicht zu erheben.
Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der am … 1936 geborene Kläger begehrt für die Zeit ab Juni 2006 Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.
Der Kläger ist schwerbehindert. Sein Schwerbehindertenausweis trägt das Merkzeichen “G…” und weist einen Grad der Behinderung von 80 vom Hundert aus. Seit November 2005 ist er mit einem Fernsehgerät bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) angemeldet.
Mit an die GEZ gerichtetem Schreiben vom 13.05.2006 teilte der Kläger mit, er “kündige” ab sofort “seinen Vertrag”, weil sein Fernsehgerät seit Februar defekt sei und eine Reparatur wegen der hohen Kosten für ihn nicht in Betracht komme. Er verfüge lediglich über eine Rente in Höhe von 664 Euro und sei “als 80 % gehbehinderter” … “mit Sicherheit von den Gebühren frei”.
Hierzu teilte ihm die GEZ mit Schreiben vom 28.07.2006 mit, das Gerät bleibe gebührenpflichtig, weil es zum Empfang bereit gehalten werde, solange es wieder instand gesetzt werden könne. Als Anlage wurde dem Kläger ein Informationsblatt über die Voraussetzungen einer Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht übermittelt.
Mit Schreiben an die GEZ vom 13.11.2007 nahm der Kläger unter Vorlage seines Schwerbehindertenausweises Bezug auf sein Schreiben vom 13.05.2006 und beantragte nochmals, ihn für die Zeit ab Mai 2006 “von der Gebührenzahlung freizustellen”. Mit weiterem Schreiben vom 11.12.2007 machte der Kläger hierzu geltend, aus § 6 Abs. 1 Nr. 8 “des Rundfunkstaatsvertrages” ergebe sich, “dass Personen, die einen Grad der Behinderung von mehr als 80 % führen”, zu befreien seien. Er, der Kläger, habe “bereits seit 1985 ununterbrochen 80 % sowie das Merkzeichen G…”. Er habe schon früher einen Antrag auf Befreiung gestellt und halte die Teilnehmergebühr daher für ungerechtfertigt. Nach § 6 Abs. 3 “des Rundfunkstaatsvertrages” stelle er “aufgrund besonderer Härte den Antrag, die gegen ihn gerichtete Forderung “niederzuschlagen und ihn in Zukunft von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.”
Mit Bescheid des Beklagten vom 19.12.2007 wurde der Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht abgelehnt. Zur Begründung heißt es, die Voraussetzung für eine Befreiung nach § 6 Abs. 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) lägen nicht vor. Der Gesetzgeber habe die Fälle, in denen Rundfunkgebührenbefreiung zu gewähren sei, in § 6 Abs. 1 RGebStV bewusst abschließend geregelt. Alle Befreiungstatbestände, die den Kreis einkommensschwacher Personen beträfen, knüpften an die in § 6 Abs. 1 RGebStV im Einzelnen genannten sozialen Leistungen bzw. an einen bestimmten Behinderungsgrad an und setzten diesbezüglich einen schriftlichen Bescheid der zuständigen Behörde über die Leistungsgewährung bzw. im Falle einer gesundheitlichen Beeinträchtigung die Eintragung des Merkzeichens “RF” im Schwerbehindertenausweis voraus. Könne ein derartiger Bescheid nicht vorgelegt werden, so scheide nach dem Willen des Gesetzgebers eine Gebührenbefreiung aus. Der Gesetzgeber habe nämlich mit dieser Regelung durch die Vermeidung umfangreicher Ermittlungen und Berechnungen eine deutliche Vereinfachung des Befreiungsverfahrens erreichen wollen. Die Härtefallregelung in § 6 Abs. 3 RGebStV lasse dieses gesetzgeberische Ziel unberührt. Insbesondere stelle die Vorschrift keinen Auffangtatbestand dar, der stets dann greife, wenn die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV mangels eines entsprechenden Sozialleistungsbescheides bzw. eines RF-Merkzeichens im Schwerbehindertenausweis nicht vorlägen. In seiner Antragsbegründung habe der Kläger finanzielle Gründe angeführt, ohne darzulegen, weshalb er keine sozialen Leistungen im Sinne des § 6 Abs. 1 RGebStV erhalte. Es müsse daher davon ausgega...