Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfallbeseitigungsgebühren
Tenor
Der Abgabenbescheid des Beklagten vom 4. April 1995 und dessen Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1995 werden aufgehoben, soweit sie die Heranziehung der Klägerin zu 4) für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 30. Juni 1993, des Klägers zu 5) für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 30. September 1992 und die Kläger zu 8) für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 31. Oktober 1991 zu Abfallbeseitigungsgebühren betreffen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 1) – 3), 6) und 7) zu 5/8, von den restlichen 3/8 tragen die Klägerin zu 4) 17 %, der Kläger zu 5) 20 %, die Kläger zu 8) 28 % und der Beklagte 35 %.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger bilden eine Eigentümergemeinschaft und sind als solche Eigentümer des Grundstücks … in … Nachdem der Beklagte festgestellt hatte; daß für dieses Grundstück zur gemeinsamen Nutzung mit dem Grundstück … tatsächlich ein 1.100-1 sowie ein 770-1 Abfallgroßbehälter zur Verfügung standen, bislang bei der Gebührenerhebung jedoch nur der 770-1 Behälter berechnet worden war, zog er die Kläger mit Abgabenänderungsbescheid vom 4. April 1995 rückwirkend ab 1991 zu weiteren anteiligen Abfallbeseitigungsgebühren in Höhe von 4.919,92 DM heran.
Diesen Bescheid stellte er der von der Eigentümergemeinschaft bestellten Verwalterin zu.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1995, als Einschreiben abgesandt am 3. Juli 1995, zurück.
Die Kläger haben am 3. August 1995 Klage erhoben und ausgeführt: Der Änderungsbescheid sei fehlerhaft, weil darin die von den Eigentümern bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide gezahlten Beträge nicht berücksichtigt worden seien. Die rückwirkende Heranziehung kollidiere mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes. Soweit Eigentümer Wohnungen vermietet hätten, könnten sie die nachträglich erhöhten Gebühren auf die Mieter nicht abwälzen. Dürfte der Vermieter auf die Richtigkeit und Gültigkeit eines einmal erteilten Gebührenbescheides nicht vertrauen, so müßte er mit der Erstellung seiner Nebenkostenabrechnung solange zuwarten, bis die Festsetzungsfrist verstrichen sei. Nach mietrechtlichen Vorschriften könne der Vermieter aber nicht solange zuwarten. Überdies komme bei großen Eigentümergemeinschaften wie hier hinzu, daß der Bestand der Eigentümer häufigen Wechseln unterworfen sei. Ein Nachfolgeeigentümer sei nicht verpflichtet, Benutzungsgebühren für Müllgefäße für einen Zeitraum zu zahlen, in welchem er noch gar nicht Eigentümer und damit Nutzer gewesen sei. Nach dem Änderungsbescheid, der sich an die Eigentümergemeinschaft in ihrer jetzigen Zusammensetzung richte, müßten aber heutige Eigentümer Gebühren zahlen, die durch die Nutzung anderer, früherer Eigentümer veranlaßt worden seien.
Die Kläger beantragen,
den Abgabenänderungsbescheid des Beklagten vom 4. April 1995 und den Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1995 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, der Nachveranlagungsbescheid innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist sei rechtmäßig, ohne daß es darauf ankäme, aus welchem Grund oder zu wessen Verantwortungsbereich gehörend eine richtige Veranlagung für die betreffenden Zeiträume bisher nicht durchgeführt worden sei; die Frage der Umlegbarkeit im privatrechtlichen Innenverhältnis zu Mietern sei ohne Einfluß auf die Rechtmäßigkeit der öffentlich-rechtlichen Heranziehung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
Die Kläger sind klagebefugt.
Sie sind Adressaten der angefochtenen Bescheide. Zwar sind diese an die Verwalterin gerichtet, sie enthalten jedoch den Hinweis, daß die Eigentümergemeinschaft … abgabenpflichtig sein soll. Dies macht deutlich, daß die Erwähnung der Verwalterin im Adreßfeld nur im Hinblick auf die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes erfolgt ist (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG), wonach der Verwalter berechtigt ist, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen, soweit sie an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet sind.
Unschädlich ist, daß die Eigentümer in den Bescheiden nicht namentlich aufgeführt, sondern lediglich unter der Sammelbezeichnung „Eigentümergemeinschaft” angesprochen werden. Eine Auslegung des verwendeten Begriffs ergibt, daß er sich erkennbar auf diejenigen Wohnu...