Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsbetrag. Gesamtschuldner. Gesamtschuldnergemeinschaft. Miterben. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Ausgleichsbetrag gem. § 154 BauGB können Miterben als Gesamtschuldner herangezogen werden.

 

Normenkette

BGB § 2032; BauGB § 154 I 1

 

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsteller zu 3. mit dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2003 als Gesamtschuldner für die aus den Antragstellern bestehende Gesamthandsgemeinschaft in Anspruch genommen wird.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 847,61 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der sinngemäß gestellte Antrag,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11. Juli 2003 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2003, mit dem der Antragsteller zu 3. zu einem Ausgleichsbetrag von insgesamt 3.390,44 EUR herangezogen wird, anzuordnen, hat keinen Erfolg.

Das Gericht entscheidet über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund einer umfassenden Abwägung des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Mangels eines besonders normierten gerichtlichen Entscheidungsmaßstabs ist die für das behördliche Aussetzungsverfahren geltende Regel des § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO entsprechend anzuwenden, denn auch bei der Erhebung von sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträgen nach § 154 BauGB handelt es sich um öffentliche Abgaben im Sinne dieser Vorschrift (BVerwG, Urteil vom 17.12.1992 – 4 C 30.90 – DVBl 1993, 441). Demnach soll die Aussetzung dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 80 Abs. 4 S. 3 erste Alternative VwGO bestehen bereits, wenn ein Obsiegen in der Hauptsache mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 13.03.1997 – 1 M 4892/96 –; Beschluss der Kammer vom 10.09.2003 – 2 B 118/03 –).

Ein Obsiegen der Antragsteller in der Hauptsache ist aller Voraussicht nach nicht wahrscheinlich, denn der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin erweist sich bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Rechtmäßigkeitsprüfung voraussichtlich als rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Eigentümers eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung durch einen Ausgleichsbetrag ist § 154 BauGB. Der Ausgleichsbetrag ist in der Höhe in Geld zu entrichten, die der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwertes seines Grundstücks entspricht (§ 154 Abs. 1 S. 1 BauGB). Die sanierungsbedingte Erhöhung des Bodenwertes besteht gemäß § 154 Abs. 2 BauGB aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert) und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert).

Zu Unrecht hält die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerinnen zu 1. und 2. für unzulässig. Es trifft zwar zu, dass der streitbefangene Bescheid vom 2. Juli 2003 lediglich an den Antragsteller zu 3. adressiert ist. Gleichwohl werden die Antragstellerinnen zu 1. und 2. durch ihn materiell-rechtlich beschwert, weil sie neben dem Antragsteller zu 3. als Gesamthandseigentümerinnen des Hausgrundstücks „C. Gasse” in D. (auch) Eigentümer im Sinne des § 154 Abs. 1 BauGB und dem Grunde nach zahlungspflichtig für den geltend gemachten Ausgleichsbetrag sind. Sie haben deshalb ein Rechtsschutzinteresse am vorliegenden Verfahren.

Soweit der Antragsteller zu 3. einwendet, die Antragsgegnerin habe den Bescheid fälschlicherweise an ihn alleine (und in voller Höhe) anstelle an die Erbengemeinschaft gerichtet, ist dies rechtlich unerheblich. Der Antragsteller zu 3. ist ausweislich des im Verwaltungsvorgang befindlichen Grundbuchauszuges zusammen mit den Antragstellerinnen zu 1. und 2. in ungeteilter Erbengemeinschaft (vgl. §§ 2032 ff BGB) Eigentümer des streitbefangenen Grundstücks. Eine Erbengemeinschaft ist jedoch als solche rechtlich nicht handlungsfähig, dies sind nur ihre Mitglieder als einzelne Personen. Ihnen steht das Eigentum „zur gesamten Hand” zu, sie sind Eigentümer des gesamten Grundstücks. Das heißt, keinem Mitglied der Erbengemeinschaft steht ein abgegrenzter oder ideeller Teil des Grundstücks zu, wie man es etwa von Eigentumswohnungsanlagen kennt. Kehrseite der Gesamthandseigentümerschaft ist ihre Haftung als Gesamtschuldner, weshalb ein Gläubiger nicht nur von allen Schuldnern die Begleichung der Schuld insgesamt oder von Teilen derselben verlangen kann, sondern jedem Einzelnen der Gesamthänder die gesamte Forderung in Rechnung stellen kann (vgl. Kleiber in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand: August 2002, Rn. 54 ff / 57 sowie Rn. 229 zu § 154). Deshalb darf nach der Rechtsprechung ...

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