Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Berücksichtigung des medizinischen Standards in einen sicheren Drittstaat bei der Abschiebung.
Gründe
Der Antrag führt nicht zum Erfolg.
Die von den Antragstellern begehrte Entscheidung ist nach § 34a Abs. 2 AsylVfG im Grundsatz ausgeschlossen. Zwar ist diese Vorschrift nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Mai 1996 verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sie entgegen ihrem Wortlaut die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit geplanten Abschiebungen in den sicheren Drittstaat nicht generell verbietet, derartiger Rechtsschutz also in Ausnahmefällen nach den allgemeinen Regeln möglich bleibt. Indes liegt ein derartiger Ausnahmefall nach den vom Bundesverfassungsgericht insoweit aufgestellten Grundsätzen erkennbar nicht vor.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O. S. 71 f., 91 f., 66,68 UA) ist § 34a Abs. 2 AsylVfG (nur) in den folgenden Fällen nicht einschlägig:
Der Ausländer wendet sich gegen die Modalitäten des Vollzugs der Aufenthaltsbeendigung, d.h. er beruft sich gegenüber dem Vollzug der Abschiebungsandrohung auf humanitäre und persönliche Gründe, die zur Erteilung einer Duldung gem. § 55 AuslG führen können. Der Ausländer soll nicht in den Drittstaat, sondern in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden. Der Ausländer legt individuelle konkrete Gefährdungstatbestände im Drittstaat dar, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können.
Speziell zu der letztgenannten Fallgruppe – individuelle Gefährdungstatbestände – hat das BVerfG (a.a.O., S. 71) ausgeführt:
“Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 53 Abs. 2 AuslG (§§ 60 Abs. 5 Satz 1, 61 Abs. 3 AuslG) berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich – im seltenen Ausnahmefall – aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich – etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat – von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgegangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.”
Vorliegend ist der Reiseweg der Antragsteller über Polen unstreitig. Die Antragsteller sollen auch nicht in den Herkunftsstaat abgeschoben werden. Es liegen auch keine Tatsachen vor, die die Annahme nahelegen, geschweige denn “aufdrängen”, dass sie von einem der vorstehend genannten, im “normativen Vergewisserungskonzept” nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. Sie berufen sich auf humanitäre und persönliche Gründe berufen, die zur Erteilung einer Duldung gem. § 55 AuslG hätten führen können.
Eine Abschiebung ist ni...