Leitsatz (amtlich)
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Nds. AGInsO ist mit höherrangigem Recht vereinbar
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung – InsO – muss ein Schuldner mit dem beim Insolvenzgericht einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens eine Bescheinigung vorlegen, die von einer geeigneten Person oder Stelle ausgestellt ist und aus der sich ergibt, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist. Die Länder können bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind.
Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft mit zwei Komplementären, die Rechtsanwälte sind, beantragte unter dem 19. Januar 2005 beim Beklagten, sie als geeignete Stelle im Sinne von § 305 InsO anzuerkennen.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit einem Bescheid vom 6. April 2005 ab. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Anerkennung gewerblicher Schuldenregulierer als geeignete Stelle im Sinne von § 305 InsO nach dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung nicht möglich sei.
Mit ihrer am 14. April 2005 beim Verwaltungsgericht Hannover eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie rügt eine Verletzung höherrangigen Rechts. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung betreibt sie weder Kredit-, Finanz-, Finanzverwaltungs- noch ähnliche Dienste.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 6. April 2005 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, sie als geeignete Stelle im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt seinen ablehnenden Bescheid.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorliegende Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakten 5 A 3538/03 und 5 B 4239/03 und des Verwaltungsvorganges verwiesen, der dem Gericht zur Einsicht übersandt worden ist.
Entscheidungsgründe
Der Klage muss der Erfolg versagt bleiben.
Der Bescheid des Beklagten vom 6. April 2005 ist rechtmäßig. Die Versagung der Anerkennung der Klägerin als geeignete Stelle im Sinne von § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO durch die Klägerin ist rechtmäßig.
Gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 3 InsO können die Länder bestimmen, welche Personen oder Stellen als zur Ausstellung der Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 InsO geeignet anzusehen sind. Diese vom Bundesgesetzgeber den Ländern zugewiesene Ermächtigung setzt denknotwendig eine Befugnis des Bundeslandes voraus, den Kreis der Personen oder Stellen einzugrenzen. Außerdem ermöglicht die Zuweisung der Ermächtigung in das Landesrecht zwangsläufig, dass jedes Bundesland den Kreis der geeigneten Personen oder Stellen unterschiedlich bestimmt. Dies ergibt auch eine historische Auslegung der Norm. In dem Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages heißt es hierzu:
„Der Ausschuss hat davon abgesehen, in der Vorschrift selbst die zur Ausstellung der verlangten Bescheinigung geeignet erscheinenden Personen oder Stellen aufzuzählen. Soweit keine ergänzenden Bestimmungen der Länder (…) getroffen sind, werden von den Gerichten bestimmte Anforderungen an die Eignung der Personen oder Stellen zu stellen sein. Es muss zum einen gewährleistet sein, dass keine Gefälligkeitsbescheinigungen ausgestellt werden. Zum anderen muss sichergestellt werden, dass die Schuldenbereinigung von einer entsprechend qualifizierten Person oder Stelle versucht wird.
Kraft ihres Berufes kommen für die außergerichtliche Schuldenbereinigung (…) [die] rechtsberatenden Berufe (Rechtsanwälte, Notare) und Steuerberater [in Betracht]. Durch das Berufs- und Standesrecht ist eine verantwortungsbewusste Tätigkeit gesichert. Welche Personen sonst im Einzelfall als geeignet anzuerkennen sind, wird vom Gericht auf der Grundlage der genannten Kriterien festzustellen sein. Als geeignete Stellen kommen nach Auffassung des Ausschusses etwa die Schuldnerberatungsstellen in Betracht, die von Gemeinden und Landkreisen, von Wohlfahrtverbänden und Kirchen eingerichtet worden sind. Zur Sicherung der Qualität der Tätigkeit müssen die Besetzung und die Ausstattung der Schuldnerberatungsstellen bestimmten Anforderungen entsprechen. Weitere geeignete Stellen können z.B. die Gütestellen im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sein, wohl auch Schiedsstellen (‚Vergleichsbehörde‘ im Sinne des § 380 StPO).
Die Ermächtigung an die Länder, dass sie die weiteren als geeignet anzusehenden Personen und Stellen bestimmen können, dient der Entlastung der Gerichte und der Vereinheitlichung der Rechtsprechung in einem Bundesland. Zudem er...