Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollzug des BayStrWG. Eintragung in das Wegebestandsverzeichnis
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin u.a. des Grundstücks FlNr. 1568 Gemarkung … Das Grundstück ist Teil eines von Kager, Gemeinde Winhöring, nach Brandmühle, Gemeinde Reischach, führenden Weges. Der Weg ist aufgrund Eintragungsverfügung der Beklagten vom 01.06.1963 als öffentlicher Feld- und Waldweg im Bestandsverzeichnis für öffentliche Feld- und Waldwege eingetragen. Die Eintragung hat folgenden Wortlaut:
„II. Inhalt der Eintragung
Straßen-, Wegebezeichnung: Über die „Himmelsstiege” FlNr. anliegende FlNr. Anfangspunkt: GVStr. Brandmühle-Herzöd Endpunkt: Gemeindegrenze Winhöring Straßenbaulastträger: Anlieger in der gesamten Länge von 0,550 km”
Das Bestandsverzeichnis wurde vom 01.08.1965 bis einschließlich 31.01.1966 öffentlich ausgelegt; hierauf wurde auf der Amtstafel der Beklagten hingewiesen. Eine gesonderte Benachrichtigung der beteiligten Grundeigentümer erfolgte nicht. Ein Widerspruch gegen die Eintragung in das Bestandsverzeichnis erfolgte zunächst nicht.
Im Rahmen der Verlegung eines Fernmeldekabels wurde die Klägerin im Jahre 1987 darauf hingewiesen, daß es sich bei dem Weg „Himmelsstiege” um einen öffentlichen Weg handle. Daraufhin legte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 06.02.1988 Widerspruch gegen die Eintragungsverfügung der Beklagten vom 01.06.1963 ein. Die Klägerin habe nunmehr erstmals Kenntnis von dem Bescheid vom 01.06.1963 erhalten. Die Eintragungsverfügung sei ihr nicht direkt und persönlich gegenüber verfügt worden. Zudem fehle die für eine Widmung nach Art. 6 Abs. 3 des Bayer. Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) erforderliche Zustimmung der betroffenen Eigentümer. Nach Art. 67 Abs. 3 Satz 4 BayStrWG sei zudem die Unterrichtung der bekannten Beteiligten gegen Zustellungsnachweis erforderlich. Dies sei jedoch nicht erfolgt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.1988 wies das Landratsamt Altötting den Widerspruch der Klägerin als unzulässig zurück. Der Widerspruch sei nicht fristgerecht eingelegt worden. Das Bestandsverzeichnis für die öffentlichen Feld- und Waldwege habe vom 01.08.1965 bis 31.01.1966 zur öffentlichen Einsicht ausgelegen. Zwar habe die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung nicht den Erfordernissen des § 58 Abs. 1 VwGO Rechnung getragen; daher sei die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres zulässig gewesen. In dieser Frist sei jedoch kein Widerspruch eingegangen. Zwar seien die bekannten Beteiligten nach Art. 67 Abs. 3 Satz 4 BayStrWG nicht gegen Zustellungsnachweis unterrichtet worden. Dies führe jedoch nicht dazu, daß die Eintragung den Beteiligten gegenüber nicht wirksam geworden sei. Im übrigen habe die Klägerin auch als Mitglied des Gemeinderates Kenntnis von der Eintragungsverfügung gehabt. Der Widerspruch wäre auch unbegründet, da der Weg „Himmelsstiege” bereits seit unvordenklicher Zeit als Wallfahrtsweg nach Altötting benutzt werde.
Mit Schriftsatz vom 01.09.1988, beim Bayer. Verwaltungsgericht eingegangen am 05.09.1988, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom 01.06.1963 sowie den Widerspruchsbescheid vom 20.07.1988 aufzuheben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Widerspruch vom 06.02.1988 zulässig sei, da die Klägerin erstmals Ende 1987 davon Kenntnis erlangt habe, daß die in ihrem Eigentum stehende „Himmelsstiege” ein öffentlicher Feld- und Waldweg sein solle. Fristen seien nicht in Lauf gesetzt worden, weil die Voraussetzungen des Art. 67 BayStrWG nicht gegeben seien. Unstreitig seien die Beteiligten nicht gegen Zustellungsnachweis unterrichtet worden, so daß die Voraussetzungen des Art. 67 Abs. 3 Satz 4 BayStrWG nicht vorlägen. Bei dieser Vorschrift handle es sich um eine zwingende Verfahrensvorschrift, die dem Schutz des Eigentums nach Art. 14 GG diene. Ein Verzicht auf die Unterrichtung der bekannten Beteiligten gegen Zustellungsnachweis laufe auf eine kalte Enteignung hinaus, da Eigentumsrechte allein durch behördliches Abwarten bis zum Ablauf von Fristen, die der Betroffene gar nicht kenne, beschnitten würden. Auch die Kommentierungen zum Straßen- und Wegerecht gingen von einer zwingenden gesonderten Benachrichtigung als Voraussetzung für den Lauf von Rechtsbehelfsfristen aus. Die Tätigkeit als Mitglied des Gemeinderats könne der Klägerin nicht angelastet werden, da nicht feststehe, inwieweit sie an der damaligen Abstimmung teilgenommen habe. Klage und Widerspruch seien im übrigen auch begründet, da für eine Widmung als öffentlich-rechtlicher Feld- und Waldweg zu keinem Zeitpunkt Anlaß und Notwendigkeit bestanden habe. Im übrigen entstünde durch die Widmung die paradoxe Situation, daß der Weg auf dem Gebiet der Gemeinde Winhöring ein Privatweg, auf dem Gebiet der Beklagten ei...