Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinder- und Jugendhilferechts. Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 9. August 2004 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 9. August 2004 wird wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Der Antragstellerin wird zur Durchführung des Verfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Schnur in Erfurt bewilligt. Die Rechtsanwaltskosten sind bis zu den vergleichbaren Kosten eines am Sitz des Gerichts ansässigen Rechtsanwaltes erstattungsfähig.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist die allein sorgeberechtigte Mutter ihrer Kinder …, und …. Sie wendet sich gegen die Inobhutnahme der Kinder durch die Antragsgegnerin. Ein weiteres Kind … befindet sich bereits in einem Kinderheim und ist von diesem Verfahren nicht betroffen.
Das Jugendamt der Antragsgegnerin beobachtete die familiäre Situation der Antragstellerin seit September 2003. Seit Mai 2004 gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Hilfe zur Erziehung, die durch Mitarbeiter der Einrichtung … in E. geleistet wurde.
Am 9. Juni 2004 wurde das Kind … im …-Klinikum E., Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie zur tagesklinischen Behandlung vorgestellt. In einer Stellungnahme vom 16. Juli 2004 teilte der Chefarzt Dr. E. der Antragsgegnerin mit, dass das Kind an einer ausgeprägten hyperkinetischen Symptomatik leide. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass das körperliche, geistige und seelische Wohl von … und seinen Geschwistern durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung der Kinder und durch Versagen der Eltern in ihren wichtigsten Erziehungsfunktionen akut gefährdet sei. Es sei dringender Handlungsbedarf gegeben. Bei nachweisbarer Vernachlässigung oder Misshandlung der Kinder sei eine Fremdunterbringung zu empfehlen.
Bei einer Helferkonferenz am 26. Juli 2004 mit Mitarbeitern der Antragsgegnerin und der Einrichtung … wurde festgestellt, dass bei der Antragstellerin zweimal wöchentliche Hausbesuche stattfänden. Zu den Kindern wurde unter anderem festgestellt, dass diese gelegentlich blaue Flecken hätten. … zeige ein sexualisiertes Verhalten. Bei … sei nicht klar, ob sie im Hinblick auf ihre Zöliakie-Erkrankung gezielt glutenfrei ernährt werde. … zeige deutliche Anzeichen von Hospitalismus. In einer Teamberatung am 28. Juli 2004 kamen Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu dem Ergebnis, dass beim Familiengericht ein Antrag auf Entzug der elterlichen Sorge gestellt werden solle. Bei Rückkehr der zu diesem Zeitpunkt abwesenden Antragstellerin und der Kinder nach E. sollten diese in Obhut genommen werden. … solle in die Kinderklinik eingewiesen werden. Mit Schreiben vom 30. Juli 2004 beantragte die Antragsgegnerin beim Familiengericht in E. unter anderem den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechtes der Mutter und insoweit die Bestellung des Jugendamtes als Pfleger.
Anlässlich eines Besuchs der Antragstellerin und der Kinder …, und … am 2. August 2004 im Jugendamt der Antragsgegnerin nahm diese die Kinder mit Bescheid vom selben Tag unter Bezugnahme auf § 42 SGB VIII in Obhut. Die Kinder wurden in einem Heim untergebracht. Hiergegen legte die Antragstellerin am 3. August 2004 Widerspruch ein. Mit einem weiteren Bescheid vom 5. August 2004 ordnete die Antragsgegnerin den Sofortvollzug des Bescheids vom 2. August 2004 an. Mit Bescheid vom 9. August 2004 nahm die Antragsgegnerin den Bescheid vom 2. August 2004 zurück, ordnete erneut die Inobhutnahme der Kinder …, und … an und erklärte diese Anordnung für sofort vollziehbar. Zur Begründung wurde unter Darlegung im einzelnen ausgeführt, das Wohl der Kinder sei einer dringenden Gefahr ausgesetzt. Auch hiergegen legte die Antragstellerin am selben Tag Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Bereits am 5. August 2004 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Weimar um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Sie trägt vor, § 42 SGB VIII sei als Rechtsgrundlage für die Herausnahme von Kindern aus der Familie des Sorgeberechtigten nicht anwendbar. Außerdem liege keine akute Gefährdung des Wohles der Kinder vor. Auch das …-Klinikum habe dies nicht festgestellt.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 9. August 2004 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 9. August 2004 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin, die Gegenstand der Beratung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist zulässig. Nachdem die Antragsgegnerin den ursprünglichen Bescheid vom 2. August 2004 zurückgenommen und am 9. August 2004 neu erlassen hat, konnte die Antragstellerin ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung entsprechend umstellen. ...