Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung einer Baugenehmigung an den Nachbarn

 

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

1. Mit Bescheid vom 22.3.1983 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die Baugenehmigung zur Erweiterung des Internationalen Studentenhauses auf dem Grundstück Fl. Nr. 3. der Gem. Würzburg. Vorgesehen ist ein dreigeschossiger Erweiterungsbau an den bereits bestehenden achtgeschossigen Altbau, der zu den bisherigen ca. 130 Wohnplätzen zusätzliche 66 Einzelapartments enthalten soll.

Die Kläger sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstückes Fl. Nr. … /3, welches mit einem als Wohn- und Geschäftshaus genutzten Gebäudes bebaut ist. Am 20.4.1983 erhoben sie Widerspruch mit der Begründung, die Insbesondere nächtlichen Ruhestörungen durch die Bewohner des Studentenhauses würden bei den geplanten zusätzlichen Heimplätzen zunehmen. Außerdem werde der zu erwartende Kraftfahrzeugverkehr weitere Lärm- und Abgasbelästigungen mit sich bringen. Die Vergangenheit habe gezeigt, daß die Bewohner des Studentenhauses keine Rücksicht auf das Ruhebedürfnis der Nachbarn nehmen würden. Im übrigen füge sich das geplante Gebäude nicht in die Umgebung ein.

2. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.6.1983 wies die Regierung von Unterfranken den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Vorhaben sei nach § 30 BBauG zulässig, da es im Geltungsbereich des Baulinienplanes vom 20.4.1955 liege, welcher von der Regierung von Unterfranken mit Bescheid vom 30.4.1956 für den fraglichen Bereich festgestellt worden sei. Das Bauvorhaben entspreche den Festsetzungen dieses Planes. Falls dieser Plan nicht mehr anwendbar sei, sei das Vorhaben nach § 34 BBauG planungsrechtlich zulässig. Der dreigeschossige Erweiterungsbau erwecke nicht den Eindruck einer zu dichten und zu massiven Bauweise, sondern er passe sich höhenmäßig und städtebaulich der übrigen Bebauung an. Eine große Fläche des Baugrundstückes sei noch unbebaut, wodurch der Eindruck einer Baulücke entstehe. Durch den Erweiterungsbau werde dieser Eindruck einer Baulücke beseitigt. Mit dem Bauvorhaben werde eine Geschoßflächenzahl von Insgesamt 1, 467 erreicht. Diese Überschreitung gegenüber dem nach der Baunutzungsverordnung zulässigen Maß sei jedoch durch den bereits vorhandenen Altbau verursacht. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse blieben gleichwohl gewahrt, da in unmittelbarer Umgebung genügend Grünflächen vorhanden seien. Das Baugrundstück biete sich förmlich für die Errichtung weiterer Studentenwohnungen an und der große Mangel an Studentenwohnungen rechtfertige dieses Bauvorhaben.

Bauordnungsrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt, da ein Gebäudeabstand zur Grundstücksgrenze der Kläger von 7,50 m eingehalten werde, obwohl lediglich 5,40 m erforderlich seien. Auch der Lichteinfallwinkel von 45 Grad für das Nachbargebäude bleibe gewahrt, da die Wandhöhe von 10,80 m geringer sei, als der Gebäudeabstand von 11,70 m. Für die geplanten 66 Appartements seien 22 Abstellplätze für Pkw erforderlich, die in dem Untergeschoß des Gebäudes vorgesehen seien. Die Zu- und Ausfahrt dieses Garagengeschosses befinde sich ca. 50 m entfernt von der Grundstücksgrenze der Kläger. Das Garagengeschoß habe keine Öffnungen zum Grundstück der Kläger hin, so daß Lärmbelästigungen Insoweit nicht zu erwarten seien. Die Befürchtungen der Kläger hinsichtlich der Lärmbelästigung durch die Bewohner des Studentenheimes könnten im bauaufsichtlichen Verfahren nicht gewürdigt werden; sie seien „privatrechtlicher Natur”. Das Vorhaben überschreite in seiner konkreten Ausgestaltung nicht das Maß dessen, was den Klägern zuzumuten sei.

3. Am 29.7.1983 ließen die Kläger Klage erheben und beantragen,

die Baugenehmigung der Stadt Würzburg vom 22.3.1983 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 28.6.1983 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im wesentlichen das Widerspruchsvorbringen wiederholt und ferner vorgetragen, der vorgesehene Anbau halte nicht die erforderliche Abstandsfläche zum Grundstück der Kläger hin ein. Da die versetzten Außenwände des Gesamtbaues Insgesamt länger als 16 m seien, sei als Abstandsfläche die gesamte Wandhöhe des Gebäudes zugrundezulegen. Da es sich um eine bauliche Einheit handle, müsse vor der Außenwand des Anbaues die Abstandsfläche so tief wie die Wandhöhe des Altbaues sein. Zudem sei die zulässige Geschoßflächenzahl überschritten. Eine Befreiung sei in der Baugenehmigung jedoch nicht ausgesprochen worden. Im vorliegenden Fall sei das Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten der Kläger verletzt. Bereits durch die vorhandene Bebauung würden die Kläger über das e...

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