rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungsmaßstab. Altlasten. chemische Reinigung. leichtflüchtige Chlor-Kohlenwasserstoffe. Boden. Grundwasser. Untersuchungsanordnung. natürliche Lebensgrundlagen. Verursacherhaftung. Mitverursachung. Störerauswahl. Streitwert. Boden- und Grundwassersanierung. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verwaltung und die Gerichte haben Art. 20a GG als verfassungsrechtliche Wertentscheidung sowohl bei der Auslegung als auch bei der Anwendung der Bestimmungen des einfachen Rechts zu beachten. Auch bei der durch das Gericht im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung entfaltet Art. 20a GG seine lenkende Wirkung.
2. Steht fest, dass der Boden eines Grundstücks mit gesundheitsgefährdenden Stoffen durchsetzt ist und dass auch das Grundwasser im Bereich dieses Grundstücks erhebliche Verschmutzungen mit Stoffen dieser Art aufweist, wird dem Interesse des Gemeinwesens, möglichst rasch die Ursachen und das Ausmaß der Verunreinigungen zu erkunden und die gegebenen Möglichkeiten einer Sanierung zu klären, besonders großes Gewicht zukommen. Großes Gewicht ist auch dem Interesse der Allgemeinheit zuzumessen, dass die für eine Altlast Verantwortlichen ihren Erkundungs- und Sanierungspflichten zeitnah nachkommen.
3. Das finanzielle Interesse einer als Verursacher herangezogenen Person, von den Kosten bestimmter Erkundungsmaßnahmen zumindest so lange verschont zu bleiben, bis ihre Verantwortlichkeit sowie die Zweck- und Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen abschließend geklärt sind, wiegt demgegenüber regelmäßig weniger schwer. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die zu erwartenden Kosten nicht so hoch sind, dass die gesamte wirtschaftliche Existenz des Betroffenen als ernstlich gefährdet anzusehen ist. Im Übrigen wird das Interesse des Betroffenen an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs in der Regel nur dann überwiegen, wenn bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung und wertender Einschätzung der bestehenden Verdachtsmomente davon auszugehen ist, dass die angegriffene Verfügung bei Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens keinen Bestand haben wird.
4. Zu den Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis einer relevanten (Mit-) Verursachung einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast als Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Person nach § 9 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 3 BBodSchG.
5. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine bodenschutzrechtliche Untersuchungsanordnung ist der Streitwert mit der Hälfte der zu erwartenden Kosten zu bemessen. Das etwaige Bestehen von Ausgleichsansprüchen des Antragstellers nach § 24 Abs. 2 BBodSchG führt in der Regel nicht zu einer Reduzierung des Streitwerts.
Normenkette
GG Art. 20a; BBodSchG § 4 Abs. 3, § 9 Abs. 2, § 24; VwGO § 80 Abs. 5; GKG § 13 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Beschluss vom 20.03.2002; Aktenzeichen 18 K 3345/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. März 2002 – 18 K 3345/01 – wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 20. März 2002 – 18 K 3345/01 – wird geändert. Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird auf 6.250 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. März 2002 – 18 K 3345/01 – ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellerin gegen die bodenschutzrechtliche Verfügung des Landratsamts Main-Tauber-Kreis vom 21. Mai 2001 wiederherzustellen.
Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene umfassende Interessenbewertung und Folgeneinschätzung führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der von der Antragstellerin angegriffenen Verfügung das Interesse der Antragstellerin überwiegt, jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens von der Vollziehung der Verfügung verschont zu bleiben.
1. Das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die bezeichnete Verfügung ist vorvornehmlich finanzieller Natur. Die Antragstellerin ist – gesamtschuldnerisch mit dem Beigeladenen – verpflichtet worden, durch einen qualifizierten Schadensgutachter bestimmte Grundwasseruntersuchungen vornehmen und auswerten zu lassen. Aus der Vergabe und Ausführung eines entsprechenden Auftrags würden den beiden Gesamtschuldnern voraussichtlich Kosten von insgesamt etwa 12.000 bis 13.000 EUR entstehen.
Sollte sich im weiteren Widerspruchsverfahren oder in einem verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren herausstellen, dass die Inan...