Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Mitbestimmung. Beurteilungsrichtlinien. Mitbestimmung bei einer Unterrichtsbesuchsregelung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Anordnung, die bestimmt, daß Unterrichtsbesuche der Schulaufsichtsbeamten den Lehrern nicht vorher anzukündigen sind, ist keine Beurteilungsrichtlinie im Sinn von § 79 Abs. 3 Nr. 4 LPVG.

 

Normenkette

LPVG § 79 Abs. 3 Nr. 4; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 9, § 76 Abs. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Beschluss vom 15.02.1989; Aktenzeichen PVS 390/88)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 11.12.1991; Aktenzeichen 6 P 20.89)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 15. Februar 1989 – PVS 390/88 – geändert. Die Anträge des Antragstellers werden abgelehnt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

In einer Bekanntmachung vom 25.7.1979 (K.u.U. S. 899) hatte das Ministerium für Kultus und Sport Baden-Württemberg die „Ankündigung von Unterrichtsbesuchen” der Schulaufsichtsbehörden geregelt. Danach waren Unterrichtsbesuche, die der Beratung dienen und über die kein schriftlicher Bescheid erteilt wird, den Lehrern – gegebenenfalls über den Schulleiter – in der Regel mindestens einen Unterrichtstag vorher anzukündigen (Nr. 1). Bei Unterrichtsbesuchen, über die ein schriftlicher Bescheid erteilt wird und die als eine der Grundlagen für eine dienstliche Beurteilung herangezogen werden (z.B. Regelbeurteilungen, Bewerbungen, Beförderungen, Anstellung, bei der Zweiten Prüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen), war den Lehrern – gegebenenfalls über den Schulleiter – grundsätzlich die Kalenderwoche anzugeben, in der der Besuch stattfinden soll (Nr. 2 Satz 1); die Kalenderwoche sollte spätestens zu Beginn der Vorwoche angegeben werden (Nr. 2 Satz 2). Andere Unterrichtsbesuche im Rahmen der Schulaufsicht (z.B. in Beschwerdefällen) waren nicht anzukündigen (Nr. 3).

Diese Regelung entfiel im Zug der Bereinigung von Verwaltungsvorschriften. Seit 1.1.1985 lag es im pflichtgemäßen Ermessen des Schulaufsichtsbeamten, seinen Unterrichtsbesuch dem Lehrer anzukündigen oder nicht.

Auf einer Landesschulrätetagung in Freudenstadt am 13./14.11.1986 machte der beteiligte Dienststellenleiter, der Minister für Kultus und Sport Baden-Württemberg, – der zu der Veranstaltung eingeladen hatte – vor den Präsidenten der Oberschulämter und den Schulräten des Landes u.a. Ausführungen über Unterrichtsbesuche. Nach der Wiedergabe in einem Bericht in der Informationsschrift des Ministeriums „schulintern” vom Dezember 1986 äußerte er dabei:

„Musterstunden für den Schulrat haben keinen Sinn, wenn danach wieder zur Tagesordnung übergegangen wird.” Und

„weil ich von der Normalität in den Anforderungen an die Lehrer und von der Flexibilität im Umgang mit den Lehrern ausgehe, braucht ein Unterrichtsbesuch auch nicht angemeldet zu werden.”

Wie es u.a. in einem in vorliegender Sache eingereichten Schriftsatz des Ministeriums vom 31.1.1989 heißt, fügte der beteiligte Dienststellenleiter hinzu, er erwarte, daß in Zukunft so verfahren werde.

Die Äußerung des beteiligten Dienststellenleiters wurde – Angaben der Beteiligten zufolge bei zunächst eingetretenen „Irritationen” – als Weisung verstanden. So sprach das Ministerium in einem Schreiben an den Vorsitzenden eines örtlichen Personalrats vom 10.8.1987 von einer „Weisung des Herrn Ministers anläßlich seiner Rede in Freudenstadt”, wobei es mitteilte, es habe eine Verwaltungsvorschrift vorbereitet, in der die Weisung „für alle Schularten festgeschrieben” werde.

Unter dem 16.7.1987 übersandte das Ministerium u.a. dem antragstellenden … den Entwurf einer Verwaltungsvorschrift „Unterrichtsbesuche durch die Schulaufsichtsbehörden” mit der Bitte um Zustimmung. Der Entwurf lautet nach einem Vorspruch wie folgt:

„Unterrichtsbesuche von selten der Oberschulämter und der Staatlichen Schulämter werden nicht angekündigt. Hiervon kann in besonders begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.”

Unter dem 29.7.1987 bat der Antragsteller das Ministerium mit Hinweis auf § 69 Abs. 2 Satz 2 LPVG um eine Anhörung und Begründung zu dem Entwurf. Dies geschah in der Sitzung des Antragstellers am 15.10.1987. Mit Schreiben vom 5.11.1987 erklärte der Antragsteller, er stimme dem Entwurf nicht zu; er trat dafür ein, die Regelung vom 25.7.1979 wieder in Kraft zu setzen. Der beteiligte Dienststellenleiter rief die Einigungsstelle an. Unter dem 22.11.1988 teilte der Vorsitzende der Einigungsstelle mit, es sei fraglich, ob die in Rede stehende Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats unterliege; zugleich regte er im Hinblick auf die vom Antragsteller vorliegend betriebene Personalvertretungssache an, das Verfahren vor der Einigungsstelle auszusetzen. Unter dem 20.12.1988 stimmte der beteiligte Dienststellenleiter einer Aussetzung zu.

In den Verhandlungen zwischen dem Antragsteller und dem Ministerium war die Frage streitig geworden, ob die Äußerung des beteiligten Dienststelle...

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