Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung. Abordnung. Kettenabordnung. Mitbestimmung bei Abordnungen

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Beschäftigter durch aneinandergereihte Kurzabordnungen für eine ununterbrochene Dauer von mehr als drei Monaten abgeordnet, so unterliegen alle Abordnungen, durch die der Dreimonatszeitraum überschritten oder eine diesen Zeitraum bereits überschreitende Abordnung weiter ausgedehnt wird, der Mitbestimmung aus § 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG/§ 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG (Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten). Unbeachtlich ist insoweit, wenn die Kurzabordnungen nacheinander zu verschiedenen Dienststellen erfolgen und wenn zwischen den Kurzabordnungen ein Feiertag oder ein arbeitsfreies Wochenende liegt.

 

Normenkette

BPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 4, § 76 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

VG Karlsruhe (Beschluss vom 04.12.1992; Aktenzeichen 16 K 10376/92)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 17.09.1996; Aktenzeichen 6 P 5.94)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 1992 – 16 K 10376/92 – geändert. Es wird festgestellt, daß der Antragsteller bei der Abordnung von Beschäftigten seiner Dienststelle (auch dann) mitzubestimmen hat, wenn es bei ein- und demselben Beschäftigten zu mehreren Abordnungen kommt, zwischen denen lediglich ein Wochenende liegt, wenn die Abordnungen zusammen den Zeitraum von drei Monaten überschreiten. Im übrigen wird der Antrag des Antragstellers abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller ist Personalrat eines in Baden-Württemberg gelegenen Arbeitsamts. Der Beteiligte ist Direktor dieses Arbeitsamts.

Seit Ende 1990 werden im Bereich der Bundesanstalt für Arbeit von ihren in den alten Bundesländern gelegenen Dienststellen Beschäftigte abgeordnet an die in den neuen Bundesländern gelegenen Dienststellen, um dort beim Aufbau der Ämter mitzuwirken. Von den Landesarbeitsämtern und Arbeitsämtern wurde und wird erwartet, daß sie ihren Abordnungsanteil erfüllen.

Auch der Beteiligte begann 1990, entsprechende Abordnungen vorzunehmen. Bis Ende März 1992 wurden etwa 20 Beschäftigte abgeordnet. Die Dauer der einzelnen Abordnungen belief sich dabei überwiegend auf einen unter drei Monate liegenden Zeitraum. In zwei oder drei Fällen wurden unter Mitbestimmung des Antragstellers Abordnungen von längerer Dauer ausgesprochen. Ein Teil der Beschäftigten wurde in dem genannten Zeitraum mehrmals abgeordnet, wobei bei einzelnen Beschäftigten auch die Summe der Abordnungszeiten den Zeitraum von drei Monaten nicht übersteigt.

Von den mehrfach abgeordneten Beschäftigten, deren Abordnungsdauer insgesamt den Zeitraum von drei Monaten übersteigt, war ein zweimal abgeordneter Beschäftigter einmal für 4,5 Wochen und einmal für 13 Wochen abgeordnet, wobei zwischen beiden Abordnungen ein Zeitraum von mehr als 8 Monaten lag. Sieben der mehrmals abgeordneten Beschäftigten wurden in dem genannten Zeitraum mehr als zweimal abgeordnet. Die Abordnungsdaten der letztgenannten Beschäftigten stellen sich wie folgt dar:

Sachbearbeiter K (Beamter)

07.01.1991–22.02.1991

Riesa

7

Wochen

25.03.1991–08.05.1991

Riesa

6,5

Wochen

30.09.1991–31.10.1991

Riesa

5

Wochen

Sachbearbeiter S (Angestellter)

15.07.1991–16.08.1991

Dessau

5

Wochen

26.08.1991–27.09.1991

Dessau

5

Wochen

20.01.1992–21.02.1992

Dessau

5

Wochen

Bearbeiterin S (Angestellte)

08.04.1991–15.05.1991

Wittenberg

5,5

Wochen

27.05.1991–21.06.1991

Wittenberg

4

Wochen

02.09.1991–27.09.1991

Wittenberg

4

Wochen

Schreibkraft L (Angestellte)

11.02.1991–22.02.1991

Dresden

2

Wochen

09.09.1991–20.09.1991

Dessau

2

Wochen

11.11.1991–13.12.1991

Dessau

5

Wochen

20.01.1992–21.02.1992

Dessau

5

Wochen

1. Sachbearbeiter K (Beamter)

17.09.1990–17.10.1990

Dresden

4,5

Wochen

25.02.1991–27.03.1991

Dresden

4,5

Wochen

27.05.1991–26.06.1991

Dresden

4,5

Wochen

02.09.1991– 04.09.1991

Riesa

3

Tage

Bearbeiter S (Angestellter)

11.02.1991–26.04.1991

Riesa

11

Wochen

22.07.1991–16.08.1991

Dessau

4

Wochen

19.08.1991–25.10.1991

Riesa

10

Wochen

30.03.1992–26.06.1992 Riesa 13 Wochen

Sachbearbeiter in F (Angestellte)

13.08.1990–12.10.1990

Wittenberg

9

Wochen

14.01.1991–15.02.1991

Bautzen

5

Wochen

25.02.1991–27.03.1991

Bautzen

4,5

Wochen

19.06.1991–23.07.1991

Bautzen

5

Wochen

17.02.1992–16.04.1992

Bautzen

8,5

Wochen

Der Antragsteller machte mit Schreiben an den Beteiligten vom 9.12.1991 geltend, daß das bei Abordnungen für eine Dauer von mehr als drei Monaten gegebene Mitbestimmungsrecht (§ 75 Abs. 1 Nr. 4 und § 76, Abs. 1 Nr. 5 BPersVG) bei Abordnungen dieser Art auch dann eingreife, wenn die Summe der Abordnungszeiten bei einem Mitarbeiter drei Monate übersteige. Der Beteiligte vertrat demgegenüber mit Antwortschreiben vom 9.1.1992 die Auffassung, daß die Mitbestimmung bei Abordnungen nur gegeben sei, wenn die Einzelabordnung drei Monate übersteige. Die Dauer der einzelnen Abordnungen habe sich an den Notwendigkeiten ausgerichtet und sei darüber hinaus stark mitarbeiterbezogen gewesen. Das Mitbestimmungsrecht ...

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