Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretung. Wahlanfechtung. Erfordernis einer Mindestzahl von drei wahlanfechtenden Beschäftigten. Rücknahme eines Wahlanfechtungsantrags. Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wahlanfechtungsbegehren Beschäftigter nach § 25 LPVG muß während des gesamten Wahlanfechtungsverfahren von mindestens drei anfechtungsberechtigten Beschäftigten getragen sein.
2. Haben drei anfechtungsberechtigte Beschäftigte die Wahl gemäß § 25 LPVG angefochten und scheidet einer dieser Beschäftigten während des Wahlanfechtungsverfahrens als Wahlanfechtender aus, so kann an seiner Stelle nicht ein anderer Beschäftigter – nach Ablauf der Anfechtungsfrist – die Wahlanfechtung weiter betreiben (im Anschluß an BAG, Beschluß vom 12.2.1985, BAG 48, 96).
3. Jeder wahlanfechtende Beschäftigte kann seinen Wahlanfechtungsantrag nach Maßgabe der Vorschriften über das arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren zurücknehmen, d.h. in der ersten Instanz auch ohne Zustimmung der anderen Beteiligten.
Normenkette
LPVG § 25; BPersVG § 25; ArbGG § 81 Abs. 2 S. 1, § 87 Abs. 2 S. 3, § 92 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
VG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 30.06.1987; Aktenzeichen 8 K 17/86) |
Tenor
Auf die Beschwerde des weiter Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 30. Juni 1987 – 8 K 17/86 – geändert. Der Antrag der Antragsteller zu 1, 3 und 4 wird als unzulässig abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Am 12.11.1986 fand die Wahl der Schwerbehindertenvertretung bei der Universität … statt, bei welcher ein Vertrauensmann und zwei Stellvertreter gewählt wurden.
Der Wahlvorstand erließ unter dem 24.9.1986 ein Wahlausschreiben mit der Aufforderung, Wahlvorschläge innerhalb von zwei Wochen einzureichen; dazu wurde der 9.10.1986 als letzter Tag der Frist angegeben. In dem Wahlausschreiben heißt es:
Aus den eingereichten Wahlvorschlägen muß zweifelsfrei erkennbar sein, wer als Vertrauensmann/frau und wer als Stellvertreter vorgeschlagen wird.
Ein Bewerber kann nur auf einem Wahlvorschlag benannt werden, es sei denn, daß er in einem Wahlvorschlag als Vertrauensmann/frau, in dem anderen als Stellvertreter vorgeschlagen wird. Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung des Bewerbers beizufügen.
Jeder Wahlvorschlag muß von mindestens drei der Wahlberechtigten unterzeichnet sein.
Wahlberechtigte können nur auf einem Wahlvorschlag unterzeichnen. Die eingegangenen Wahlvorschläge werden spätestens eine Woche vor dem Wahltag durch Aushang bekanntgegeben.
Der Wahlvorstand gab am 10.10.1986 (versehentlich datiert auf 7.10. 1986) eine Bekanntmachung der Wahlvorschläge heraus. Danach wurden die Beschäftigten E. und Dr. L. (der Antragsteller zu 3) als Vertrauensmann, die Beschäftigten Frau Dr. K. (die Antragstellerin zu 4), M. und Sch. als Stellvertreter vorgeschlagen.
Unter dem 3.11.1986 beantragte die Antragstellerin zu 1 beim Wahlvorstand, die Wahl neu auszuschreiben; nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 SchwbWO müsse das Wahlausschreiben den Hinweis enthalten, daß Wahlberechtigte sowohl einen Wahlvorschlag für die Wahl des Vertrauensmannes als auch für die Wahl des Stellvertreters unterzeichnen könnten; dem entspreche das Wahlausschreiben vom 24.9.1986 nicht. Dem Antrag wurde nicht stattgegeben.
Bei der Wahl am 12.11.1986, an der sich 32 von 59 Wahlberechtigten Beteiligten, entfielen hinsichtlich der Bewerber für das Amt des Vertrauensmannes auf E. 18 und auf Dr. L. 14 Stimmen, hinsichtlich der Bewerber für das Amt des Stellvertreters auf Frau Dr. K. 22, auf M. 9 und auf Sch. 27 Stimmen. Unter dem 13.11.1986 macht der Wahlvorstand bekannt, daß der Bewerber E. als Vertrauensmann, der Bewerber Sch. als erster Stellvertreter und die Bewerberin Frau Dr. K. als zweite Stellvertreterin gewählt seien.
Mit einem am 1.12.1986 beim Verwaltungsgericht Freiburg – Fachkammer für Personalvertretungssachen – eingegangenen Schriftsatz haben die Antragsteller zu 1, 2 und 3 – für die Schwerbehindertenvertretung bei der Universität wahlberechtigte Beschäftigte – die Wahl angefochten.
Die Antragsteller zu 1, 2 und 3 haben beantragt festzustellen, daß die Wahl der Schwerbehindertenvertretung bei der Universität … vom 12.11.1986 ungültig ist. Das Wahlausschreiben vom 24.9.1986 habe nicht den nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 SchwbWO gebotenen Hinweis enthalten, daß Wahlberechtigte sowohl einen Wahlvorschlag für die Wahl des Vertrauensmannes als auch für die Wahl des Stellvertreters unterzeichnen könnten. Stattdessen habe es mit der Angabe „Wahlberechtigte können nur auf einem Wahlvorschlag unterzeichnen” einen irreführenden Hinweis enthalten, der das Gegenteil nahelege. Die Wahlberechtigten hätten glauben müssen, ihren Wunschkandidaten nicht sowohl für das Amt des Vertrauensmannes als auch für das Amt des Stellvertreters vorschlagen zu dürfen. Der Fehler des Wahlausschreibens habe besonderes Gewicht. Er habe das Wahlergebnis beeinflußt. Dem Wahlausschreiben zufolge habe eine Wählergruppe einen Bewerber, ...